Bundesjustizministerium plant Gesetz: Per Knopfdruck gegen Abofallen
Weil es in der EU bislang keine gemeinsame gesetzliche Lösung gegen Online-Abofallen gibt, prescht das Bundesjustizministerium vor. Doch die Abzocker sind schon weiter.
Was auf EU-Ebene bislang nicht glückte, könnte nun vorerst im nationalen Alleingang geregelt werden. Das Bundesjustizministerium (BMJ) arbeitet intensiv an einem Anti-Abofallen-Gesetz und plant, wie der "Spiegel" Anfang der Woche berichtete, es bereits 2011 in Kraft treten lassen.
Internet-Abofallen sind seit Jahren ein Ärgernis. Immer wieder fordern Verbraucherschützer die Politik auf, etwas zu tun, weil schon wieder Hunderte Nutzer betroffen sind. Doch das Treiben geht munter weiter: Nutzer klicken angeblich kostenlose Seiten mit Rezepten, Outlet-Laden-Listen oder Software-Downloads an und wenig später kommen dann teure Jahresrechnungen. Zahlt man nicht, hagelt es Mahnungen, was so manchen Nutzer verängstigt.
Dabei sollen die Täuschungsmanöver, auf denen die Abofallenberuhen, nicht direkt verboten werden. Stattdessen plant das BMJ eine sogenannte "Buttonlösung", bei denen Betreiber von Internet-Abonnementangeboten eine Informationseite zwischenschalten müssen, die konkrete Preisangaben macht und betont, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelt. Erst wenn der Nutzer danach einen Knopfdrückt und damit sein Einverständnis erklärt, darf auch abgerechnet werden.
Noch lässt sich nicht sagen, ob der BMJ-Entwurf das Problem endgültig lösen wird oder ob nur die gröbsten Abofallen-Tricks künftig flachfallen. Einst ging es von Seiten der Abofallen-Steller darum, möglichst viele Adressen von unbedarften Nutzern zu sammeln und ihnen Rechnungen und Mahnungen zu schicken. Ein bestimmter Prozentsatz zahlte dann tatsächlich, schon hatte sich die Abofalle gelohnt.
Geht es nach dem BMJ, wird die zwangsweise zwischengeschaltete Abfrageseite Nutzer nun davon abhalten, in die Falle hineinzutappen. Die Abzocker haben ihre Methoden aber längst optimiert. Die jüngste Masche ist die Abzocke mit dem mobilen Internet. Dabei setzen Unternehmer, die sich Verbraucherschützern zufolge am Rande der Legalität bewegen, auf das sogenannte WAP-Billing.
Netzbetreiber übertragen damit Identifikationsmerkmale, über die ein Anbieter mobiler Internetdienste Handy-Besitzer aufspüren kann. Der Nutzer merkt meist nichts davon. Klickt er in seinen Smartphone-Browser auf einen Button - in manchen Fällen reichte in der Vergangenheit das Anklicken eines Banners -, wird im Hintergrund ein Bezahlvorgang ausgelöst, der, so berichtete kürzlich das Fachmagazin "c't", teure Tagesabos umfassen kann.
Die Kosten werden bequem über die Mobilfunkrechnung eingezogen. Das hat für die Abzocker Vorteile, für die Kunden Nachteile: Beschwert sich das Opfer, muss es sich mit seinem Netzbetreiber herumschlagen und riskiert gegebenenfalls die Sperre des Anschlusses wegen offener Rechnungsbestandteile. Dagegen hilft nur, das kaum bekannte WAP-Billing beim Mobilfunkanbieter abstellen zu lassen. Ein Anruf bei der Hotline des Netzbetreibers hilft normalerweise weiter.
Beim Bundesverband der Verbraucherzentralen hofft man, dass das BMJ die lange Zeit bis zur Vorbereitung seines Anti-Abo-Abzocke-Gesetzes genutzt hat, um auch Handy-Kostenfallen in die Pläne einzubeziehen. Technisch wäre das problemlos möglich, auf Seiten der Netzbetreiber ließe sich eine automatische Abfrage problemlos einrichten. Gut möglic , dass die Abofallengauner dann einfach zur nächsten Methode weiterziehen.
Solange es keine gesetzliche Regelung gegen Abofallen gibt, bleibt noch ein Tipp von Verbraucherschützern: Rechnungen am besten ignorieren. In vielen Fällen geben die Abzocker dann einfach auf.
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