: Bürgerrecht auf Beschwerden
■ Geduldiger Verein will, daß BürgerInnen beim Parlament besser angehört werden
Ein geduldiger Bremer Verein soll hier vorgestellt werden: Dieser Verein hat 15 Mitglieder und schon 31 geduldige Sitzungen abgehalten. Der Verein kämpft für „mehr Bürgernähe“, aber nur wenige BürgerInnen interessieren sich für den Verein. Unter den 15 Vereinsmitgliedern befinden sich viele PädagogInnen — bis hin zum pensionierten Oberschulrat Günther Eisenhauer.
Doch mit Schule hat der Verein nichts zu tun, sondern mit Parlament. Genauer: mit dem Recht von BürgerInnen, sich schriftlich mit Anregungen, Kritik und Beschwerden an den „Petitionsausschuß“ eines Parlamentes zu wenden. Der Verein heißt denn auch: „Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts in der Demokratie“. Unerschöpflich ist die Geduld, mit der sich die Vereinsmitglieder ihrem Anliegen widmen. Am vergangenen Mittwoch saßen sie über fünf Stunden während ihrer 31. Sitzung zusammen und hörten BürgerInnen an, die sich so verzweifelt wie vergebens an bremische Abgeordnete gewandt hatten.
Angefangen hatte alles damit, daß einige BürgerInnen 1983 eine Abrüstungspetition an den Bundestag abgeschickt hatten. Mit dem Resultat, daß der Brief inklusive der tausenden von Unterschriften im Bundestag verschlampt ward. Eine zweite Petition aus Bremen wurde dann zwar ordnungsgemäß bearbeitet, aber abschlägig beschieden. Resultat: Die „Petenten“ aus Bremen konnten das Stationieren der Cruise Missiles nicht verhindern — genausowenig wie dreihunderttausend FriedensdemonstrantInnen.
Im Gegensatz zur Friedensbewegung zogen sich die Bremer „Petenten“ aber nicht ins Privatleben zurück, sondern sandten neun weitere Petitionen ab und gründeten ihren Verein. Derzeit bemühen sie sich, das Bremer Petitionsrecht wirksamer zu machen. Am 23. Januar wird die Bremer Bürgerschaft über Neuentwürfe entscheiden. Die SPD- Mehrheitsfraktion sträubt sich im Gegensatz zur CDU-Opposition noch gegen Reformen. Doch der pensionierte Oberschulrat Eisenhauer ist zuversichtlich, daß die Neuerungen kommen und dann will er „viele Bürger und Bürgerinitiativen dazu bringen, Petitionen einzureichen.“ B.D.
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