Bürgerhaushalt: Bürger verwalten echtes Geld

Nach vielen Diskussionen macht Friedrichshain-Kreuzberg 830.000 Euro für einen Bürgerhaushalt locker. Berlinweit beschäftigen sich fünf Bezirke mit diesem Thema.

Viele waren skeptisch: Bürgerhaushalt? Mitreden? Diskussionsrunden, die doch ohne praktische Folgen bleiben? Nun aber fließt auch in Friedrichshain-Kreuzberg tatsächlich Geld in zehn konkrete Vorschläge aus der Bevölkerung. Das grün-geführte Bezirksamt entschied jetzt, nächstes Jahr dafür 830.000 Euro aus Überschüssen des vergangenen Jahres lockerzumachen. Über die Hälfte davon ist für sauberere Grünflächen und mehr Angebote der Musikschule vorgesehen. Damit ist Friedrichshain-Kreuzberg der zweite Bezirk nach Lichtenberg, der die Idee eines Bürgerhaushalts tatsächlich umsetzt.

Vorausgegangen waren zu Jahresbeginn acht Diskussionsveranstaltungen in verschiedenen Bereichen des Bezirks. 362 Vorschläge und eine Prioritätenliste kamen dabei zusammen. Die Beteiligung unter den rund 260.000 Einwohnern war aber eher mau, schwankte zwischen 30 und 100 Teilnehmern pro Treffen. "Da sind wir noch nicht zufrieden", räumte Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) gegenüber der taz ein.

Für zukünftige Diskussionsrunden ist er optimistischer. Zum einem soll es mehr Werbung für die einzelnen Termine geben. Zum anderen setzt Schulz auf jene, die sich bisher nicht beteiligten, weil sie den Bürgerhaushalt nur für eine Idee ohne wirkliche Konsequenzen hielten. "Denen haben wir jetzt bewiesen, dass wir wirklich viel Geld in die Hand nehmen."

830.000 Euro sind allerdings nur ein Bruchteil jener bis zu 30 Millionen, über die der Bezirk selbst verfügen kann. Der eigentliche Bezirkshaushalt ist mehr als zehnmal größer, besteht aber überwiegend aus Pflichtausgaben, auf die die Bezirkspolitiker keinen Einfluss haben.

Im Bezirksamt, der sechsköpfigen Bezirksregierung, hatten nach Grünen-Angaben die drei grünen Mitglieder die 830.000 Euro allein mit der bei einer Pattsituation entscheidenden Stimme von Bürgermeister Schulz durchgesetzt. Laut Schulz stießen sich die Gegenstimmen aber nicht an der grundsätzlichen Idee des Bürgerhaushalts. Sie hätten vielmehr Risiken in der Finanzierung gesehen.

Am nächsten Doppelhaushalt 2010/2011 des Bezirks sollen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht nur bei Veranstaltungen, sondern auch via Post, Telefon und Internet beteiligen können.

Die von der Bundeszentrale für politische Bildung verantwortete Internetseite www.buer gerhaushalt.org verzeichnet insgesamt fünf Berliner Bezirke, die sich in unterschiedlicher Form mit dem Thema zumindest befasst haben: neben dem Vorreiter Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg auch Treptow-Köpenick, Spandau und Charlottenburg-Wilmersdorf.

Die Vorgehensweise ist dabei durchaus unterschiedlich. Treptow-Köpenick etwa lud anders als Friedrichshain-Kreuzberg zu fünf Foren jeweils 500 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger. Von denen aber nahm laut buergerhaushalt.org nur rund jeder Dreißigste tatsächlich teil.

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