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Bürger gegen RechtsLichterkette kommt, Nazi-Café bleibt

Über 500 Bürger protestieren in Fürstenzell bei Passau gegen Rechtsextremismus. Im Café Traudl, der Stammkneipe der Neonazis, ist schon das nächste NPD-Treffen anberaumt.

Zahlreiche Bürger nehmen am Montagabend in Fürstenzell (Niederbayern) an einer Lichterdemonstration gegen Rechtsextremismus teil. Bild: dpa

Von oben prasselt der Regen, unter den Schirmen kauern die Aufrechten. Sie halten ihre Kerzen umklammert, stehen Regenschirm an Regenschirm auf dem Marktplatz von Fürstenzell. Weil zwischen Christbaum, Kriegerdenkmal und Gasthaus kaum noch Platz ist, drängen sich die Menschen schon auf der anderen Straßenseite. Es sind über 500.

"Stille Lichterdemonstration", so nennen das die Veranstalter vom Gemeinderat und den örtlichen Vereinen. Es soll ein Zeichen der Solidarität sein, mit ihrem Mitbürger, dem Polizeidirektor Alois Mannichl, und gegen die Rechtsextremen, die hinter dem Attentat auf ihn vermutet werden. Die Neonazis scheinen an diesem Montagabend weit weg zu sein.

Aber keine hundert Meter entfernt, ein paar Schritte die Hauptstraße herunter, steht das Café Traudl. Die Neonazis der ganzen Region haben es zu ihrem Treffpunkt gemacht. Die Fassade ist grau, die Fenster sind mit Rollos verrammelt. An diesem Abend brennt kein Licht im Café. Als die ersten Fürstenzeller sich mit ihren Kerzen auf den Nachhauseweg machen, stehen drei dunkel gekleidete junge Männer vor dem Neonazi-Treffpunkt und diskutieren. Es geht um das festgenommene Neonazi-Ehepaar aus München. Deren Alibi sei doch wasserdicht gewesen, meint einer (siehe unten).

Auf dem Marktplatz kämpft sich der Fürstenzeller Bürgermeister Franz Lehner durch die Menge. "Auf einen Bürger wurde ein Attentat verübt, das können wir nicht hinnehmen", sagt er. "Auch den Bürgern, die sich oft hinter der Polizei verstecken, muss man zeigen, dass es sich lohnt, gegen die Extremisten aufzustehen." Lehner gilt in der Region als engagierter Kämpfer gegen rechts. Es ist allein in diesem Jahr die dritte große Demonstration gegen Neonazis in Fürstenzell. Aber die lassen sich davon nur wenig beeindrucken. An diesem Abend sind auch gegen rechts engagierte Bürger aus dem nahen Passau nach Fürstenzell gekommen. Sie berichten leicht geschockt: die NPD hat für die erste Januarwoche eine Demonstration in Passau angemeldet. Die Rechten werden wieder durch die Stadt marschieren, es werden keine schönen Bilder werden. So trotzig die Fürstenzeller sich mit ihren Lichtern auf den Marktplatz stellen, sie können das nicht verhindern.

"In das Café Traudl geht niemand mehr", sagt Bürgermeister Lehner. Als bekannt wurde, dass Neonazis dort Treffen abhalten, hätten die letzten Bürger dort ihre Stammtische gekündigt. Aber all das Ächten bleibt ohne Erfolg. Die Besitzer des Cafés sind Gönner der NPD und wollen, auch wenn Normalbürger als Kunden wegbleiben, die Gaststätte nicht aufgeben. "Wir können nichts dagegen tun", sagt der Bürgermeister resigniert. "Kaufen können wir das Café nicht."

In anderen Orten, wo es Verbrechen durch Neonazis gab, da konnte man auf eine schweigende Mehrheit in der Bevölkerung verweisen, die die Angriffe duldete, auf Polizisten, die halbherzig eingriffen, und einen Bürgermeister, der sich tatenlos zurücklehnte. Aber Fürstenzell zeigt, dass es das alles gar nicht braucht. Im Grunde reichen eine abgefuckte Gammelkneipe und ein Besitzer, der sie den Neonazis als Treffpunkt zur Verfügung stellt, und schon bekommt ein Ort das Problem mit den Rechten nicht mehr los.

Am 9. Januar wird wieder für ein Paar Stunden Licht brennen, im Café Traudl an der Hauptstraße. Die Passauer NPD veranstaltet ihren "Politischen Stammtisch". Zutritt nur für Mitglieder und geladene Gäste. Den Namen "Café Traudl" brauchen die Rechtsextremen in den Einladungen nicht zu erwähnen. Da steht nur: "am bekannten Ort".

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15 Kommentare

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  • M
    MitdenkerIn

    Sie vernachlässigen in "Stürmer"-Manier sträflich Ihre Informationspflicht ! Schauen sie mal bei der SZ vorbei. Dort können auch Sie im Hinblick auf Recherche etwas lenen. Ekelhaft und unerträglich Ihr unfundiertes Betroffenheitsgetue ohne einen einzigen Nachweis ! Eine solche Vorverurteilung hatten wir zuletzt vor und während des "tausendjährigen Reiches"; Sie fahren auf der gleichen Schiene. Schämen Sie sich, Sie sind genauso widerwärtig!

  • A
    Amos

    Wie wäre es mit Lichterketten gegen den Raubtierkapitalismus und damit gegen die zunehmende

    Armut der Bevölkerung? Gegen die hochbezahlten Pfeifen und deren Kamarilla? Gegen die Hofschranzen

    des Beamtentums, die das Volk verraten damit sie

    ein Major domus werden. Wie wär's eigentlich damit?

  • T
    Theo

    Wann wird es die erste Lichterkette gegen Ehrenmord oder Migrantengewalt oder Antifagewalt geben?

  • B
    bayrisch-kongo

    Vor gut 30 Jahren verließ ich Fürstenzell für immer in Richtung München ... und das ist gut so.

     

    Drei "Berühmtheiten" lebten in diesem laut Spiegel "pittoresken" Ort: der Fußballtrainer Klaus Augenthaler, der Ex-FC Bayern-Spieler Winklhofer und Ottfried Fischer, der Bulle von Tölz. Letzterer war bis zum Abitur im Internat des Maristengymnasiums. Die Maristen-Patres, die Schule und Internat betrieben, respektierten die Ureinwohner, gemocht hat man sie nicht. Ihr Hochdeutsch - die meisten stammen aus Norddeutschland - legte man als hochnäsig aus.

     

    Angst vor Fremden hatten die Fürstenzeller immer. Was heute die Türken, Fidschis und Albaner sein mögen, waren damals die evangelischen Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten. Man mochte sie nicht und hat es sie permanent spüren lassen.

     

    Die Entnazifizierung hat vor den Mauern Fürstenzells Halt gemacht: Braunes Gedankengut hatte die Lufthoheit über den Stammtischen, der Übergang von Diktatur zur Demokratie fand ohne Ausstausch des Personals statt.

     

    Ein Überzeugungstäter aus meiner Nachbarschaft nannte seinen Sohn in den 60-er Jahren "Adolf". Wir als Kinder nannten ihn "Adi". Unaufgeklärt fanden wir nichts dabei. Doch irgendwann hatten wir verstanden, darüber geredet natürlich nicht.

     

    Eklige Gerüchte drangen bis zu mir nach München:

    Opa vergewaltigt Enkel und Nachbarskinder und kehrt nach verbüßter Tat wieder in die Familie zurück.

    12-jähriger erschlägt grundlos ein Schaf auf der Weide. Kaum erwachsen tötet er wegen 20 Mark eine alte Frau.

     

    Wenn ich gefragt werde, woher ich komme, sage ich immer "Bayrisch-Kongo". Politisch tief schwarz, wie sich jetzt zeigt etwas braun gesprenkelt.

     

    Mag ja sein, dass Fürstenzell kein brauner Sumpf ist (Lichterketten etc.), braune Biotope (Angst vor Fremden, Blut- Ehr- und Bodenmentalität) gab es immer. Es sei denn Außerirdische sind in Traudls Cafe gelandet.

  • V
    vic

    NPD, NPD, immer wieder NPD. Und die soll man nicht verbieten dürfen?

    Was muss denn noch alles passieren.

  • M
    MitdenkerIn

    Sie vernachlässigen in "Stürmer"-Manier sträflich Ihre Informationspflicht ! Schauen sie mal bei der SZ vorbei. Dort können auch Sie im Hinblick auf Recherche etwas lenen. Ekelhaft und unerträglich Ihr unfundiertes Betroffenheitsgetue ohne einen einzigen Nachweis ! Eine solche Vorverurteilung hatten wir zuletzt vor und während des "tausendjährigen Reiches"; Sie fahren auf der gleichen Schiene. Schämen Sie sich, Sie sind genauso widerwärtig!

  • A
    Amos

    Wie wäre es mit Lichterketten gegen den Raubtierkapitalismus und damit gegen die zunehmende

    Armut der Bevölkerung? Gegen die hochbezahlten Pfeifen und deren Kamarilla? Gegen die Hofschranzen

    des Beamtentums, die das Volk verraten damit sie

    ein Major domus werden. Wie wär's eigentlich damit?

  • T
    Theo

    Wann wird es die erste Lichterkette gegen Ehrenmord oder Migrantengewalt oder Antifagewalt geben?

  • B
    bayrisch-kongo

    Vor gut 30 Jahren verließ ich Fürstenzell für immer in Richtung München ... und das ist gut so.

     

    Drei "Berühmtheiten" lebten in diesem laut Spiegel "pittoresken" Ort: der Fußballtrainer Klaus Augenthaler, der Ex-FC Bayern-Spieler Winklhofer und Ottfried Fischer, der Bulle von Tölz. Letzterer war bis zum Abitur im Internat des Maristengymnasiums. Die Maristen-Patres, die Schule und Internat betrieben, respektierten die Ureinwohner, gemocht hat man sie nicht. Ihr Hochdeutsch - die meisten stammen aus Norddeutschland - legte man als hochnäsig aus.

     

    Angst vor Fremden hatten die Fürstenzeller immer. Was heute die Türken, Fidschis und Albaner sein mögen, waren damals die evangelischen Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten. Man mochte sie nicht und hat es sie permanent spüren lassen.

     

    Die Entnazifizierung hat vor den Mauern Fürstenzells Halt gemacht: Braunes Gedankengut hatte die Lufthoheit über den Stammtischen, der Übergang von Diktatur zur Demokratie fand ohne Ausstausch des Personals statt.

     

    Ein Überzeugungstäter aus meiner Nachbarschaft nannte seinen Sohn in den 60-er Jahren "Adolf". Wir als Kinder nannten ihn "Adi". Unaufgeklärt fanden wir nichts dabei. Doch irgendwann hatten wir verstanden, darüber geredet natürlich nicht.

     

    Eklige Gerüchte drangen bis zu mir nach München:

    Opa vergewaltigt Enkel und Nachbarskinder und kehrt nach verbüßter Tat wieder in die Familie zurück.

    12-jähriger erschlägt grundlos ein Schaf auf der Weide. Kaum erwachsen tötet er wegen 20 Mark eine alte Frau.

     

    Wenn ich gefragt werde, woher ich komme, sage ich immer "Bayrisch-Kongo". Politisch tief schwarz, wie sich jetzt zeigt etwas braun gesprenkelt.

     

    Mag ja sein, dass Fürstenzell kein brauner Sumpf ist (Lichterketten etc.), braune Biotope (Angst vor Fremden, Blut- Ehr- und Bodenmentalität) gab es immer. Es sei denn Außerirdische sind in Traudls Cafe gelandet.

  • V
    vic

    NPD, NPD, immer wieder NPD. Und die soll man nicht verbieten dürfen?

    Was muss denn noch alles passieren.

  • M
    MitdenkerIn

    Sie vernachlässigen in "Stürmer"-Manier sträflich Ihre Informationspflicht ! Schauen sie mal bei der SZ vorbei. Dort können auch Sie im Hinblick auf Recherche etwas lenen. Ekelhaft und unerträglich Ihr unfundiertes Betroffenheitsgetue ohne einen einzigen Nachweis ! Eine solche Vorverurteilung hatten wir zuletzt vor und während des "tausendjährigen Reiches"; Sie fahren auf der gleichen Schiene. Schämen Sie sich, Sie sind genauso widerwärtig!

  • A
    Amos

    Wie wäre es mit Lichterketten gegen den Raubtierkapitalismus und damit gegen die zunehmende

    Armut der Bevölkerung? Gegen die hochbezahlten Pfeifen und deren Kamarilla? Gegen die Hofschranzen

    des Beamtentums, die das Volk verraten damit sie

    ein Major domus werden. Wie wär's eigentlich damit?

  • T
    Theo

    Wann wird es die erste Lichterkette gegen Ehrenmord oder Migrantengewalt oder Antifagewalt geben?

  • B
    bayrisch-kongo

    Vor gut 30 Jahren verließ ich Fürstenzell für immer in Richtung München ... und das ist gut so.

     

    Drei "Berühmtheiten" lebten in diesem laut Spiegel "pittoresken" Ort: der Fußballtrainer Klaus Augenthaler, der Ex-FC Bayern-Spieler Winklhofer und Ottfried Fischer, der Bulle von Tölz. Letzterer war bis zum Abitur im Internat des Maristengymnasiums. Die Maristen-Patres, die Schule und Internat betrieben, respektierten die Ureinwohner, gemocht hat man sie nicht. Ihr Hochdeutsch - die meisten stammen aus Norddeutschland - legte man als hochnäsig aus.

     

    Angst vor Fremden hatten die Fürstenzeller immer. Was heute die Türken, Fidschis und Albaner sein mögen, waren damals die evangelischen Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten. Man mochte sie nicht und hat es sie permanent spüren lassen.

     

    Die Entnazifizierung hat vor den Mauern Fürstenzells Halt gemacht: Braunes Gedankengut hatte die Lufthoheit über den Stammtischen, der Übergang von Diktatur zur Demokratie fand ohne Ausstausch des Personals statt.

     

    Ein Überzeugungstäter aus meiner Nachbarschaft nannte seinen Sohn in den 60-er Jahren "Adolf". Wir als Kinder nannten ihn "Adi". Unaufgeklärt fanden wir nichts dabei. Doch irgendwann hatten wir verstanden, darüber geredet natürlich nicht.

     

    Eklige Gerüchte drangen bis zu mir nach München:

    Opa vergewaltigt Enkel und Nachbarskinder und kehrt nach verbüßter Tat wieder in die Familie zurück.

    12-jähriger erschlägt grundlos ein Schaf auf der Weide. Kaum erwachsen tötet er wegen 20 Mark eine alte Frau.

     

    Wenn ich gefragt werde, woher ich komme, sage ich immer "Bayrisch-Kongo". Politisch tief schwarz, wie sich jetzt zeigt etwas braun gesprenkelt.

     

    Mag ja sein, dass Fürstenzell kein brauner Sumpf ist (Lichterketten etc.), braune Biotope (Angst vor Fremden, Blut- Ehr- und Bodenmentalität) gab es immer. Es sei denn Außerirdische sind in Traudls Cafe gelandet.

  • V
    vic

    NPD, NPD, immer wieder NPD. Und die soll man nicht verbieten dürfen?

    Was muss denn noch alles passieren.