: Bündnis-90-Politiker bestreiken die Fraktion
■ Vier Abgeordnete lassen wegen schleppender Vereinigung Mandat ruhen
Berlin. Vier Tage bevor in Leipzig auf einem ersten gemeinsamen Parteitag die Vereinigung von Bündnis 90 und Grünen auf Bundesebene besiegelt wird, sorgen vier Abgeordnete des Bündnis 90 im Abgeordnetenhaus für Dissonanzen im Einheitschor. Anette Detering, Uwe Lehmann, Wolfgang Lehmann und Christian Puls erklärten am Dienstag abend, daß sie ihre Arbeit in der Fraktion ruhen lassen wollen. Sie „werden dies so lange tun, bis für uns klar ist, wie es mit der Bildung des Landesverbandes von Bündnis 90/Die Grünen hier in Berlin ausgeht“.
Nach Einschätzung der vier Dissidenten sind die Verhandlungen zwischen Bündnis 90 und Grünen in Berlin über die Fusion zu einem Landesverband gescheitert. Es gebe mit den Grünen keinen gemeinsam tragenden politischen Willen und auch kein persönliches Vertrauen. Das politische Fundament für eine gemeinsame politisch erneuerte Organisation sei in Berlin nicht geklärt.
Diese Einschätzung wird vom Landesverband des Bündnis 90 allerdings nicht geteilt. Der Schritt der vier Fraktionäre war mit der Berliner Parteiführung nicht abgesprochen und wurde von dieser auch nicht kommentiert. Beim Bündnis 90 ist man zwar nach wie vor verärgert, daß die Grünen auf ihrer Landesdelegiertenkonferenz vor zwei Wochen eine Änderung der zuvor ausgehandelten gemeinsamen Satzung beschlossen haben, doch hat man sich mittlerweile auf eine Verfahrensweise geeinigt. Danach sollen bis zu der Tagung der beiden Landesausschüsse am 2. Juni die noch offenen Fragen geklärt werden. Am 19. Juni soll die erste gemeinsame Landesdelegiertenkonferenz stattfinden. Für den Bündnis-90-Geschäftsführer Michael Wartenberg muß dort der „wesentliche Dissenspunkt“ geklärt werden: Das Bündnis 90 fordert die Änderung der Rotationsregel der Grünen. Dies ist in Wartenbergs Augen schon allein deshalb erforderlich, weil seine Organisation nicht über die erforderliche Personaldecke verfügt.
Die Grünen haben diesem vom Bündnis 90 vorgeschlagenen Fahrplan bereits zugestimmt. Damit sei der Zusammenschluß in greifbare Nähe gerückt. Der Schritt der vier Bündnis-Politiker sei „höchst überflüssig“. Auch beim Fraktionsvorsitzenden des Bündnis 90/Grüne, Wolfgang Wieland, stoßen die von seinen Ostkollegen geführten „Nachhutgefechte auf keinerlei Verständnis“. Immerhin seien mit der Vereinigung auf Bundesebene die entscheidenden Grundlagen für die Vereinigung auch auf Landesebene gelegt. Die Fraktion hoffe, so Wieland, daß die vier Abgeordneten in kürzester Frist ihre Arbeit wieder aufnehmen. Dieter Rulff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen