■ Bücher.klein: Ganzheit der Erde
Vor fünfzig Jahren, im Spätherbst 1943, schrieb der Forstbeamte Aldo Leopold aus Wisconsin/USA eine Reihe von Artikeln unter dem Sammeltitel „Sand County Almanach“, die er mehr als fünf Jahre vergeblich von Verleger zu Verleger schickte. Als sich dann 1948 Oxford University Press zu einer kleinen Auflage entschließen konnte, lag Leopold bereits im Sterben.
Bis in die 60er Jahre hinein wurden gerade mal 20.000 Exemplare verkauft, inzwischen sind es weltweit zirka zwei Millionen. Der vor kurzem auf deutsch erschienene Titel lautet: „Am Anfang war die Erde“. Für den Umwelt- Philosophen Baird Callicot ist es ein „ökozentrisches Manifest“, Horst Stern bekennt neidlos im Vorwort, wie genau der Mann schon vor einem halben Jahrhundert „die tiefgründigen Gedanken in seiner unnachahmlichen Sprache stets auf den Punkt“ zu bringen verstand.
Leopold entwickelt, „seiner Zeit weit voraus“ (Stern) seine „Land Ethic“: die Erde als Gesamtorganismus oder auch Gesamtkunstwerk – in dem der Mensch allerdings weder als Schöpfer noch als privilegiertes Geschöpf vorkommt, sondern als winziger Teil eines allseits belebten Insgesamt an Wechselwirkungen. „Eine Ethik, die eine rein ökonomische Beziehung zu Grund und Boden ergänzen und lenken soll, setzt eine Art geistiges Bild vom Land als einem biologischen Mechanismus voraus.“ Leben ist für Leopold in einer Art Pyramide organisiert: „Jede Schicht hängt von der darunterliegenden hinsichtlich der Nahrung und anderen Dienstleistungen ab“ – Anschauungen von der Ineinanderverkettung aller Vorgänge auf der Erde, wie sie vor allem Naturvölker pflegten. Die Vorzeichen für eine Renaissance solchen Denkens stehen nicht allzu gut: „Erstmals in der Geschichte der Menschheit drohen nun zwei Veränderungen. Die eine ist die Erschöpfung der Wildnis in den bewohnten Teilen der Erde. Die andere ist die weltweite Vermischung von Kulturen durch moderne Transportmittel und Industrialisierung. Keine dieser beiden Veränderungen läßt sich verhindern, und vielleicht sollte man es auch gar nicht versuchen, aber es erhebt sich die Frage, ob durch ein vorsichtiges Einwirken auf die bestehende Situation bestimmte Werte erhalten werden können, die sonst verlorengehen würden.“ Ein evolutionärer Prozeß käme für ihn in Gang, wenn die Frage einer adäquaten Bodennutzung nicht nur als materielles Problem gesehen würde, sondern auch „unter dem Gesichtspunkt, was ethisch und ästhetisch richtig und angemessen ist. Eine Handlung ist richtig, wenn sie dazu beiträgt, die Integrität, Stabilität und Schönheit der Natur zu erhalten.“ Werner Raith
Aldo Leopold: „Am Anfang war die Erde. Sand County Almanach“. Aus dem Amerikanischen von Elisabeth M. Walther. Knesebeck Verlag München, 190 S., 48 DM
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