■ Bücher.klein: Die rechten Frauen
Man muß sie auch noch gesehen haben, J., 21 Jahre alt, vor dampfenden Töpfen stehend, zwei nölende Kinder im Hintergrund, ein Hühnchen von Frau, die Braut von B., dem Anführer einer Skin- Clique, beide arbeitslos, sie vielleicht wieder schwanger. Man muß sie gesehen haben in Sonja Balbachs Porträtserie über rechte Frauen, die Spiegel-TV sendete. Wenn nicht, kann man sie jetzt, im Verbund mit zwölf anderen rechten Frauen, lesen. Sensible, nicht an bloßer Konfrontation interessierte Fragen, die den Frauen aus allen Alterslagen, aber zumeist proletarischem Milieu (oft auch Ost), die subtilsten Gewalttätigkeiten aus den verschrobensten Hirnwindungen entlocken. Nichts Sensationelles, nein, dürftiges, krudes Gestammel voller Haß, Abschottung, Unkenntnis, ein trotziger Ton, der sich auf wenige Worte reduziert: „stolz, Deutsch(e) zu sein“ und „gegen Ausländer“. Aber immerhin Dokumente, ungefiltertes Anschauungsmaterial in einer Welt der Vor-Urteile.
Ex-Sozialarbeiterin Balbach traut sich gar, im Vorwort von einer „Protestkultur Jugendlicher – von rechts“ zu sprechen. Ein Drittel der Rechten sind Balbach zufolge mittlerweile Frauen. Sie, interessantes Derivat aller Gespräche, „gehen stärker als die Männer von ihrer Lebenssituation aus. Die politische Ideologie kümmert sie weniger.“ Ihre erlebte Diskriminierung paßt ins rechte Bild: Hilf uns, Papa Staat, nicht den Ausländern, den Asylbewerbern. Wissen ist nicht gefragt, es zählt „die gefühlsmäßige Durchdringung“ (Michael Kühnen). Bei fast allen Gesprächen saßen übrigens Männer im Hintergrund, die „ergänzend“ intervenierten. AS
Sonja Balbach: „Wir sind auch die kämpfende Front. Frauen in der rechten Szene“. Konkret Literatur Verlag, Hamburg 1994, 158 Seiten, 24 Mark
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