Bücher klein: Wohnungsnot
■ Tobias Mündemann/Hans-Ulrich Heltzer: "Kein Dach über dem Kopf - Keinen Boden unter den Füßen"
Der Wohnungsmarkt ist ein Phänomen: Er ist aus den Fugen geraten und funktioniert dennoch – als Umverteilungsmarkt von unten nach oben. So jedenfalls sieht es der Kölner Journalist Tobias Mündemann nach über einjährigen Recherchen zu seinem Wohnungsnotreport. Mündemann präsentiert einen gut lesbaren Überblick, der den Durchblick im wohnungspolitischen Gestrüpp erleichtert. Mündemann gelingt es vorzüglich, den Förderungsdschungel im Wohnungsbereich zu durchforsten und Milliardensubventionen an Spekulanten und Luxussanierer zu sichten. Die vorgeschlagenen Lösungsansätze, vor allem das Gesamtkonzept von Bauministerin Schwaetzer, mäht er fast genüßlich kurz. Auch packt er Yuppies an der Nase, wenn er die Wohlstandsnachfrage nach Wohnungen als wesentliche Ursache des Wohnungsproblems ins Gedächtnis ruft. Aber wohin die Reise gehen soll, damit die rund 600.000 jährlich benötigten Wohnungen gebaut werden und bezahlbar sind, bleibt im dunkeln.
Mündemann liefert ein flammendes Plädoyer, die Verwendung der 50 Milliarden Wohnungssubventionen anzuprangern. Weil sie zum Großteil über Steuervergünstigungen gewährt werden, die Kleinverdienern weniger bringen, führten sie bisher ein von der Öffentlichkeit weitgehend unbeobachtetes Leben. Wenn wir uns darüber aufregen, bevor umzäunte Villenbunker und Slumgürtel um unsere Großstädte Realität werden, dann hat sich Mündemanns ansprechende Führung durch den wohnungspolitischen Sumpf gelohnt. Vorsicht: ätzende Lektüre für Miethaie, Spekulanten und Luxussanierer. Alexander Sperrmann
Tobias Mündemann/Hans- Ulrich Heltzer: „Kein Dach über dem Kopf – Keinen Boden unter den Füßen“, Rasch & Röhring, 1992, 29,80 DM
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen