Buch über Mythen der Werbung: Sex sells? Von wegen!
BMW schaltete einen Spot, in dem die neue Serie wie DNA aussah - allerdings war es der Strang eines ausgestorbenen Mammuts. Ein neues Buch listet Reklame-Fehltritte wie diesen auf.
Gefloppte Werbekampagnen werden immer wieder mal aufs Korn genommen, Werbemythen immer wieder mal erzählt. Zum Beispiel, dass Coca-Cola im Chinesischen "Beiß in die wächserne Kaulquappe" heißt. Obs aber auch wirklich stimmt, hat Wolfgang Hars in seinem Buch "Wer trinkt die wächserne Kaulquappe?" recherchiert.
Der Autor deckt Lügen und Märchen der Werbebranche und ihrer Produkte auf. Hars führt sie zwar auch an, die bereits bekannten und damit auch total abgeschmackten Geschichten aus der Welt der Werbung, lässt sie aber nicht so stehen. Zweiter Schritt ist es nämlich, sie auf ihre Glaubhaftigkeit zu überprüfen und damit auch die eigentlich entscheidende Frage in den Vordergrund zu stellen: Wie hoch ist ihr Wahrheitsgehalt? Da wäre eine Sparte mit Übersetzungsfehlern, peinlichen Autonamen, Namenspannen oder kulturellen Missverständnissen - so etwas wie die klassischen Fehltritte ins Werbefettnäpfchen. Zum andern weckt das Buch auch ein gewisses Erstaunen über die geheimen Spielchen, die offenbar gerne mit Werbung getrieben werden.
Gesehen hat man schon fast alles: von versteckten Botschaften, mit denen im US-Wahlkampf von 2000 der demokratische Kandidat Al Gore als Ratte bezeichnet werden sollte, über die Eiswürfel auf einem Gin-Werbeplakat, die bei genauem Hingucken das Wort "Sex" erkennen ließen, bis zu Zigarettenschachteln, auf denen sich ein angeblich nackter Mann breitmachte. Dass Werbung subtile Manipulation betreiben kann, ist wahr. Dieser Mythos wird bestätigt. Mit anderen aber wird gründlich aufgeräumt.
So stimme nicht einmal das angeblich so ewige Prinzip "Sex sells", weil erotische Inhalte den Konsumenten in Wahrheit vom beworbenen Produkt ablenken. Auch wem es so vorkommt, als wären die Werbepausen lauter als der Film, den sie unterbrechen, liegt falsch …
Was die Pannen in der Werbewelt betrifft, sind sicher BMW oder Nike die prominentesten Opfer, die sich da einen Ausrutscher leisteten. BMW schaltete in Großbritannien einen Spot, in dem die neue Serie als DNA-Strang dargestellt wurde. Leider griff man dabei zum Strang eines bereits ausgestorbenen Wollmammuts, das dann doch nicht so ganz für die Eleganz des neuen Autos stand. Nike unterlief der Fauxpas, einen Schuh mit einem Logo zu verzieren, das den arabischen Schriftzeichen für "Allah" ziemlich ähnlich sah. Für Muslime ein absoluter Graus: Allah hat auf Alltagsgegenständen nämlich nichts zu suchen.
Auch hier bestätigt Hars, dass beide Fälle wirklich vorgekommen sind - also wieder der entscheidende Unterschied, der das ganze Buch ausmacht: Wo sich andere mit der Erzählung einer Anekdote zufriedengeben, erfährt man bei Hars, ob sie auch stimmt.
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