Bronze für Synchronspringerinnen: Ditte war dufte
Erste Medaille für Deutschland: Die deutschen Synchronspringerinnen Ditte Kotzian und Heike Fischer gewinnen die Bronzemedaille vom Dreimeterbrett.
PEKING taz Der Kameramann im riesigen Wasserwürfel hatte schnell gemerkt, welches Motiv für ihn wertvoll sein könnte. Nach jedem Synchronsprung des deutschen Duos erschien das Gesicht von Ditte Kotzian auf der Videoleinwand. Der Kopf der Berlinerin war gerade aus dem Wasser aufgetauscht, das Gesicht war gerötet - und sie lächelte. Nicht wie eine Gewinnerin, sondern wie eine Sportlerin, die großen Spaß hat bei ihrer Arbeit. Das Lächeln der Ditte Kotzian sollte noch ein großes Thema werden.
Gut eine Stunde später stand Heike Fischer, ihre Partnerin auf dem Dreimeterbrett, am Ausgang des Pressesaals. Sie fuchtelte mit einem Blumenstrauß herum. Irgendwie schien sie es noch immer nicht glauben zu können, dass sie gemeinsam gerade Bronze gewonnen hatten, die erste Medaille des deutschen Teams in Peking. "Wir brauchen uns nur anschauen", sagte die Leipzigerin. "Und wenn Ditte dann noch lächelt, ist alles in Ordnung." Fischer ist 25, Kotzian ist vier Jahre älter, beide sind gut befreundet.
An diesem Nachmittag ist viel über Partnerschaft gesprochen worden, Vertrauen und Zuverlässigkeit, über Begriffe, die in keiner anderen Disziplin so wichtig sind wie im Synchronspringen. Ditte Kotzian, die Sportstudentin, und Heike Fischer, die Sportsoldatin, haben am Sonntag ihre Rituale gepflegt. Sie sind früh aufgestanden, haben schon während des Frühstücks ihre Konzentration aufgebaut, sie haben alles so gehandhabt, wie sie es sich schon vor langer Zeit ausgemalt hatten.
Gold war vergeben an die souveränen Chinesinnen Wu Minxia und Guo Jingjing, Silber an die Russinnen Julia Pachalina und Anastasia Posdnjakowa. Auf dem dritten Platz lagen die Deutschen punktgleich mit Kelci Bryant und Ariel Rittenhouse aus den USA. Der fünfte und letzte Sprung musste die Entscheidung bringen. Ditte Kotzian und Heike Fischer stiegen als vorletztes Duo aufs Brett. Behutsam trockneten sie ihre Körper mit einem Tuch ab, ein Nässefilm hätte den Flug erschwert. Sie schauten sich an, Kotzian lächelte, sie begaben sie sich auf ihre Positionen.
Beide standen für einen Moment starr. Dann fiel das Kommando. Sie liefen an, sprangen rückwärts ab, ein zweieinhalbfacher Auerbachsalto folgte. Als Kotzian auftauchte, lächelte sie wieder, sie wusste, der Sprung war nicht perfekt, aber gut. Kurz darauf beendeten die Amerikanerinnen den Wettkampf, auch sie sprangen passabel. Es folgte ein erinnerungswürdiger Moment bei Olympia. Mehr als 10.000 Zuschauer blickten auf die Anzeigetafel, Sekunden später erschien die Wertung der Richter. Kotzian und Fischer lagen sich in den Armen, die deutschen Radioreporter kommentierten plötzlich lauter und schneller.
Später erläuterten Ditte Kotzian und Heike Fischer, wie aus zwei Frauen ein synchrones Gebilde werden. Kotzian sei die Entspannte, sagte Fischer: "Die Freude von Ditte war ansteckend, da ist der Funke übergesprungen." Fischer sei etwas hibbelig, ergänzte Kotzian. Sie seien in den ersten Sprüngen nervös gewesen, aber ab dem dritten "hatten wir nur noch Spaß", berichtete Fischer: "Wir haben überall gelächelt, unter und über Wasser. Viele Worte müssten sie ohnehin nicht verlieren, meistens reichten wenige Blicke. Auf diesem Weg hatten sie bereits Silber bei der WM 2007 gewonnen.
In Peking, auf der Pressekonferenz, stellte ihnen niemand eine Frage, gut hundert chinesische Reporter huldigten ihren Gewinnerinnen, doch das war Heike Fischer und Ditte Kotzian scheinbar egal. Sie schauten sich um, hörten aufmerksam zu - einen Auftritt dieser Größenordnung hatten sie noch nicht erlebt. Und so durfte sich auch Lutz Buschkow freuen. "Endlich erhalten sie die Aufmerksamkeit, die sie verdienen", sagte der Bundestrainer. "Nicht nur im Fußball oder Basketball wird hart trainiert." Helfen musste er Ditte Kotzian und Heike Fischer im Wettkampf kaum. "Sie sind eigenständig und eingespielt. Manchmal reicht nur ein Zwinkern." Oder eben ein Lächeln.
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