: Britische Justiz zieht Skandalurteil zurück
London (afp/wps) — Nach den Affären der „Vier von Guildford“, der „Sechs von Birmingham“ und der „Sieben Maguire“ sorgt ein neuer Justizskandal in Großbritannien für Aufregung. Ein Londoner Berufungsgericht hob am Montag das Urteil gegen den 32 Jahre alten Schwarzen Winston Silcott auf, der wegen eines angeblichen Mordes an einem Polizisten 1987 zu 30 Jahren Haft verurteilt worden war. Die drei Berufungsrichter kamen zu dem Ergebnis, daß die Berichte der Polizei über das Verhör Silcotts bewußte Fälschungen enthielten. Die Verurteilung war jedoch mangels Tatsachenbeweisen allein auf Grundlage dieser Berichte erfolgt. Den Verhörberichten zufolge hatte Silcott den Mord eingestanden. Silcott hatte sein angebliches Geständnis jedoch immer bestritten.
Während Unruhen im Nord-Londoner Stadtteil Tottenham 1985 war der Polizist Keith Blakelock erstochen worden. Zwei Jugendliche, die zusammen mit Silcott wegen des Mordes verurteilt worden waren, führen noch ihr Berufungsverfahren.
„Nun werden die Menschen noch sicherer sein, daß die Polizei Beweise zu Lasten schwarzer Angeklagter fabriziert“, sagte der Parlamentsabgeordnete von Tottenham, der Schwarze Bernie Grant, nach dem Spruch des Berufungsgerichts.
In Großbritannien wächst derzeit der Ruf nach einer Reform des Polizei- und Justizwesens. Eine königliche Untersuchungskommission, die nach dem Freispruch der „Sechs von Birmingham“ im März eingerichtet worden war, sprach sich vor einer Woche für eine genauere Überwachung der Polizei aus und forderte den Zugang der Verteidigung zu forensischen Testergebnissen in Gerichtsverfahren. Ferner sollten Angeklagte bei Verhören einen Rechtsanwalt hinzuziehen dürfen.
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