■ Britische Justiz wäscht ihre Weste: Doch noch Freispruch
Dublin (taz) – Die britische Justiz will mit aller Macht das dunkle Kapitel einer Serie von Fehlurteilen aus den siebziger Jahren schließen. Vorgestern wurde die Akte über die IRA-Bombenanschläge auf zwei Kneipen in Birmingham, für die sechs Iren 17 Jahre lang unschuldig im Gefängnis saßen, endgültig geschlossen. Paddy Joe Hill, einer der „Birmingham Six“, bezeichnete das als Vertuschungsaktion, die darauf abziele, die Zweifel an der Unschuld der sechs zu nähren. Sein Namensvetter Paul Hill ist am Donnerstag in der Berufung vor einem Belfaster Gericht freigesprochen worden. Hill hatte vor 20 Jahren unter Folter den Mord an dem 21jährigen britischen Soldaten Brian Shaw „gestanden“ – ebenso wie die IRA-Bombenanschläge auf Kneipen in Guildford und Woolwich, bei denen sieben Menschen getötet worden waren. Erst 1989 konnten die „Guildford Four“ ihre Unschuld nachweisen: Polizei und Justiz hatten 15 Jahre lang die Entlastungsbeweise unterdrückt. Der Fall ist Thema des Spielfilms „Im Namen des Vaters“, der auf der diesjährigen Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet worden ist. Hill, der mit Robert Kennedys Tochter Courtney verheiratet ist, erreichte nur einen halbherzigen Freispruch. Richter Brian Hutton ließ durchblicken, daß er Hill für schuldig an dem Soldatenmord halte. Sein Geständnis sei jedoch nicht gerichtsverwertbar, da ein Polizeibeamter im Verlauf der Verhöre eine ungeladene Pistole auf Hill abgefeuert habe. So konnte die britische Justiz – wie schon bei den anderen Fehlurteilen – einen Polizisten niederen Ranges als Sündenbock präsentieren, während sie mit weißer Weste dasteht. Ralf Sotscheck
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