Brigitte Werneburg über die „Statue of Liberty“ von Elmgreen & Dragset: Ein netter Kalauer. Mehr nicht
Letztes Jahr sah Udo Kittelmann, Direktor der Nationalgalerie, auf der Art Basel eine Arbeit des Künstlerduos Elmgreen & Dragset, die in ihm spontan den Wunsch auslöste, diese Arbeit in den Staatlichen Museen zu Berlin wiederzufinden. Und, oh Glaube, oh Wunder, dieses Jahr durfte er sie als Geschenk des Sammlers Heiner Wemhöner für den Hamburger Bahnhof in Empfang nehmen.
Die Arbeit heißt „Statue of Liberty“ und besteht aus einem Segment der Berliner Mauer, in die ein – freilich in absoluter Funktionslosigkeit verharrender – Geldautomat eingelassen ist. Jeder und jede, dem oder der man davon erzählt, lacht. Ja, die „Statue of Liberty“ ist ein netter Kalauer. Aber mehr auch nicht. Das fällt auf, wenn man weiter der Erzählung von Kittelmann und ähnlich auch der von Heiner Wemhöner folgt. Angesichts der Installation wussten beide, wie sie sagten, dass sie auf keinen Fall beispielsweise in München, womöglich gar in einer Privatsammlung stehen durfte. Nein, sie machte, da waren sie sich sicher, nur in Berlin und dort auch nur öffentlich aufgestellt, Sinn. Aber warum eigentlich?, dachte man, während man ihnen zuhörte. In Berlin kennt man ja nun die Mauer zur Genüge.
Was also soll uns hier das so sinnig aufgepeppte Ding bedeuten – in dem die zwei Systeme, der kapitalistische Westen und kommunistische Osten, sozusagen verschmelzen? Ist es nicht nur eine weitere nachgereichte, triumphale Geste? Ein Hoch auf das großartige kapitalistische Geld, das die niederträchtige ideologische Mauer zersetzt und zu Fall gebracht hat? Eine Geste, die tatsächlich gar nicht nach Berlin als vielmehr nach München gehört, wo man – wie aus Helmut Dietls „Kir Royal“ bekannt – gern mal droht, „ich scheiß dich zu mit meinem Geld“?
Und so wie die „Statue of Liberty“ nun im Hof des Hamburger Bahnhofs steht, müffelt sie auch ein wenig nach East Side Gallery für die kulturell Bessergestellten. Für sie gibt es statt schlechter Malerei nun die edel funktionale Stahlarmatur. Dass die sich allenthalben in den Hausfassaden in den Szenebezirken breitmacht, schließlich wollen die Touristen mit Geld versorgt werden, regt diese Klientel natürlich mächtig auf.
Und sie erkennt deswegen in der Statue of Liberty“ auch ein „Mahnmal gegen den Ausverkauf von Geschichte und Stadt“. So, als ob nicht sie selbst die Helfershelfer und Wegbereiter der Gentrifizierer wären, mit ihren Projektspaces und Zwischennutzungen.
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