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Brief an DistelmeyerLieberJochen

Hamburger Soundtrack

von Nils Schuhmacher

Where is the bottom? Vielleicht in Hamburg? Zumindest hast du unlängst in einer kleinen Fotostrecke in der Süddeutschen etwas in dieser Richtung angedeutet. Man muss nur „Pudel Club“ sagen (hast du auch) und schon wissen alle: Da ging was. Und jetzt geht eben nichts mehr. Beziehungsweise: eine übernächste Generation schickt sich an, die Kunst der käsigen Kumpanei zu übernehmen, aber das alles verhält sich in seinem Niveau – seien wir doch mal ehrlich – wie eine Scheiblette zu einem schönen Stück Casu Marzu, der genauso leckeren wie als Gefahrstoff zu behandelnden sardischen Spezialität.

Und bevor Jens Rachuts Dystopie – „da liegt doch Jochen Distelmeyer – tot, toter geht’s nicht. Mit einem Gitarrenständer in seinen Poprücken gebohrt“– sich bewahrheiten konnte, hast du die anderen Leichen Leichen sein lassen, bist nach Berlin abgezuckelt und hast das dazugehörige Instrument wenn nicht abgelegt, so doch zur Seite gerückt und lieber erst mal mit dem Schreiben angefangen.

Man muss zugeben: Einen Roman wie „Otis“ in Berlin spielen zu lassen, da denkt man gleich an „Ulysses“ (manche jedenfalls), an achtstündige U-Bahn-Fahrten, an international schillerndes Publikum. In Hamburg angesiedelt hätte das ganze wohl nur zu einer verkorksten Version der Buddenbrooks gereicht und man wäre – sofern sich das Geschehen überhaupt aus St. Pauli verlagert hätte – nur in Lurup gelandet.

Nun hast du auf der Lesereise zu besagtem Buch das Publikum häufiger auch mit einer „lässigen Performance“ deiner „Lieblingslieder“ begeistert, wie es auf deiner Homepage heißt. Dazu soll, und das finde ich jetzt schon überraschend, auch „Toxic“ von Britney Spears gehören. Aber logo, auch wenn es dort warnend heißt: „you are toxic“, handelt das Lied nicht vom Casu Marzu, sondern von der Liebe, und die begeistert ja immer wieder.

Björk hat das Video zu ihrem Song „Mouth Mantra“ übrigens komplett in ihrem Mund drehen lassen. Du hast dich dankenswerterweise nur dabei filmen lassen, wie du „Toxic“ und andere Lieblingslieder auf der Akustikgitarre einspielst. Das Ergebnis erscheint dieser Tage unter dem Titel „Songs from the bottom Vol. 1“ als Platte. Schön singst du immer noch. Aber ich kehre zur Ausgangsfrage zurück: Wo ist denn jetzt the bottom? In Hamburg, in Berlin, oder doch in uns allen?

Dein Nils

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