Bremens bekanntester Film- und Fernsehregisseur ist gestorben : Karl Fruchtmann hat Deutschland wieder verlassen
Karl Fruchtmann ist tot. Am Dienstag starb der Regisseur in Bremen. Noch vor kurzem war der 87-Jährige mit Planungen für ein Kolloquium an der Bremer Universität über die „Aufgaben der Intellektuellen heute“ befasst.
Fruchtmann wurde bekannt mit wichtigen, beeindruckenden, auch bewusst spröden Filmen, mit denen er unter anderem den Holocaust thematisierte. 1915 kam er im thüringischen Meuselwitz auf die Welt, als Jugendlicher musste er ins Konzentrationslager. 1937 wurde er frei gekauft und konnte nach Palästina auswandern.
Als 42-Jähriger kehrte Fruchtmann nach Deutschland zurück. Er hatte seine Arbeit als Manager bei der israelischen Luftlinie aufgegeben, um Filmemacher zu werden. Der Weg dorthin begann als Kabelträger beim WDR und führte in den Sechziger Jahren zu Radio Bremen. Später sagte er: „Ich bin nach Deutschland zurück gegangen, um mich mit diesem Land zu konfrontieren.“ Über seine Filme hat er dann auch die nicht-jüdischen Deutschen mit ihrem Land konfrontiert.
1969 konnte er „Kaddisch nach einem Lebenden“ drehen, in den seine Erfahrungen als KZ-Häftling einflossen. 1981 entstand „Zeugen – Aussagen zum Mord an einem Volk“. Auch das allgemeine Phänomen der Gewalt hat Fruchtmann zeitlebens beschäftigt. Er drehte Filme über die als „Bremer Giftmörderin“ bekannte Gesche Gottfried und die Ermordung eines Sinti: „Ein einfacher Mord“, ausgezeichnet mit dem Grimme Preis in Gold. Unter Fruchtmanns gut 30 Filmen sind auch Werke über Heine und Zola.
Fruchtmanns Arbeiten wurden vielfach prämiert: Unter anderen bekam er den Friedens- und Kulturpreis der Villa Ichon und die „Senatsmedaille für Kunst und Wissenschaft“, Bremens höchste Auszeichnung.
RB-Intendant Heinz Glässgen sagt: „Karl Fruchtmann hat mit seinem Werk viel zum Ansehen Radio Bremens beigetragen.“ In der Tat waren Fruchtmanns Filme wesentlich für den früheren Ruf des Senders als bester Produzent von Fernsehspielen.
Auf einer ganz anderen Ebene waren sie für Fruchtmann wichtig – wegen des „Gefühls, dass ich gewisse Filme machen muss, weil sie kein anderer macht.“
HB/Foto: Wolfram Steinberg
Am Samstag erscheint in der taz ein Nachdruck der Laudatio, die Helmut Hafner anlässlich der Verleihung des Villa-Ichon-Preises an Fruchtmann hielt – und dessen Antwort. Radio Bremen sendet am 2.8. eine lange Filmnacht mit Werken Fruchtmanns