: Bremen verliert seine Landeszentralbank
■ CDU-FDP-Mehrheit im Vermittlungsausschuß / Hickel: „Ökonomisch und politisch katastrophal“
Der frühere Finanzsenator Claus Grobecker (SPD) kann doch nicht mehr Präsident der Bremer Landeszentralbank werden. Der Vermittlungsausschuß zwischen Bundestag und Bundesrat ist nämlich am Mittwoch mit CDU-FDP- Mehrheit dem Vorschlag der Bundesregierung gefolgt, die Zahl der Landeszentralbanken auf neun zu reduzieren. Damit soll Bremen landeszentralbankmäßig künftig Hannover angeschlossen werden.
Nur eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Ländervertreter im Bundesrat hätte dies möglicherweise noch verhindern können. Nachdem in einer politischen Vorabstimmung im Dezember diese Mehrheit auch zustandegekommen war, hatte Grobecker überraschend auf den Platz des Finanzsenators in der Ampel-Koalitionsregierung verzichtet und damit die Regierungsbildung in letzter Minute in erhebliche Schwierigkeiten gebracht. Volker Kröning, der zunächst nicht mehr für ein Senatsamt vorgesehen war, kam überraschend als Finanzsenator ins Spiel.
Die Herabstufung der Bremer LZB zur Außenstelle einer für Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt zuständigen Landeszentralbank widerspricht nach Auffassung Klaus Wedemeiers dem Anliegen des Bundesverfassungsgerichts. In seinem jüngsten Urteil zum Länderfinanzausgleich habe das Gericht ausdrücklich die Ansiedlung und damit auch die Bewahrung von Institutionen und Behörden als Hilfeleistung für strukturschwache Länder vorgeschlagen.
Der Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Heinrich Welke, und der Fraktionsvorsitzende der FDP im rheinland-pfälzischen Landtag, Hans Hermann Dieckvoß, bezeichneten den Beschluß als „Aushöhlung des Föderalismus in der Wirtschaftspolitik“. Mit der Einführung eines europäischen Währungssystems
hier bitte die
gefaxte Karikatur
im Jahr 1997 werden alle bundesdeutschen Landeszentralbanken allerdings sowieso ihre bisherige Funktion verlieren und zu Filialen der Bundesbank herabgestuft.
Der Bremer Senat hatte Grobecker auch als Kandidaten für die gemeinsame Landeszentralbank ins Gespräch gebracht. Der Hannoveraner LZB-Präsident Hesse, früher Professor für Geldtheorie und Geldpolitik an der Uni Göttingen, wird allerdings von der niedersächsischen Landesregierung favorisiert und ist alles andere als amtsmüde.
Die Angestelltengewerkschaft DAG geht davon aus, daß mit der Abwertung der Bremer LZB kurzfristig 100 qualifizierte Bankarbeitsplätze in Bremen verloren gehen werden. Auch für den Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel von der Forschungsgruppe „Bremer Finanzen“ ist die
Entscheidung „ökonomisch und politisch katastrophal“. Die geplante Schließung der LZB im kleinsten Bundesland führe zu einer Schwächung des Bankenplatzes Bremen: „Der im Bundesvergleich ohnehin unterentwickelte Bankensektor droht dadurch weiterhin an Bedeutung zu verlieren.“ Hickel befürchtet auch auf Dauer eine „problematische Reduktion der Bremer Börse auf den Aktienhandel“. Darüber hinaus könnte die Schließung als ein Argument für die Aufhebung der Selbständigkeit Bremens umgemünzt werden.
Der stellvertretende CDU- Fraktionsvorsitzende Reinhard Metz sieht dagegen „kein Grund“ zu der Befürchtung, daß der Beschluß des Vermittlungsausschusses zwangsläufig den Bankenplatz Bremen beeinträchtige. K.W.
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