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Brasiliens Polizei mordet in der Freizeit

■ „Amnesty international“ wirft Polizisten Beteiligung an Selbstjustiz- und Tötungskommandos vor

Rio de Janeiro (afp) - Die Menschenrechtsorganisation „amnesty international“ hat am Dienstag nachdrücklich an Brasilien appelliert, „der Gewalt durch die Polizei des Landes ein Ende zu setzen“. Mord und Folter sei in ihren Reihen an der Tagesordnung und in den meisten Fällen blieben die Verantwortlichen ungestraft. In dem Amnesty-Bericht mit dem Titel Folter und außergerichtliche Hinrichtungen in Brasiliens Städten wirft die Organisation den Polizisten von Großstädten wie Rio und Sao Paulo außerdem vor, sich in ihrer Freizeit an Selbstjustiz- und Tötungskommandos zu beteiligen. In Rio beispielsweise stellten Polizisten die Hälfte der Mitglieder solcher „Todesschwadronen“, die jugendliche Kleinkriminelle und Verdächtige in den Armenvierteln der Metropole zu Dutzenden liquidieren.

Trotz der neuen Verfassung, die Folter ausdrücklich verbietet und die Persönlichkeitsrechte eines jeden Bürgers garantiert, werden junge und arme Brasilianer täglich zu Opfern der Polizeigewalt und ohne Umstände exekutiert, stellt amnesty fest. In Sao Paulo gingen ein Drittel der gewaltsamen Todesfälle von Kindern auf das Konto der Todeschwadronen. Amnesty wirft der brasilianischen Regierung vor, indirekt zu solchen Verbrechen zu ermutigen, indem sie keinerlei Maßnahmen ergreife, um die schuldigen Polizisten zu stoppen. In dem Bericht wird außerdem unterstrichen, daß in der Riesenstadt Sao Paulo mit ihren 18 Millionen Einwohnern Mord gegenwärtig die häufigste Todesursache bei Erwachsenen sei.

Die Reaktion der Öffentlichkeit auf das brutale Polizeivorgehen sei zwiespältig. Ein Teil der „Paulistas“ meint, daß ein derartiges Vorgehen die Gewalt nur noch weiter fördert, andere begrüßen jede Methode der Verbrechensbekämpfung angesichts der immer mehr zunehmenden Kriminalität. „Aber die Kriminalität einzudämmen, darf nicht bedeuten, die Menschenrechte mit Füßen zu treten, man kann die Verbrecher auf der Straße nicht mit Verbrechen von Polizisten bekämpfen“, kommentiert amnesty.

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