Brandenburg will Polizisten kennzeichnen: CDU macht sich einen Namen
Seit Jahren versucht Rot-Rot in Berlin, Namensschilder für Polizisten zur Pflicht zu machen. Bisher vergeblich. Nun erhält sie Schützenhilfe - ausgerechnet von Brandenburgs CDU.
BERLIN taz | In Berlin kämpft der Polizeipräsident noch gegen seine eigenen Beamten um eine Kennzeichnungspflicht - in Brandenburg will nun ausgerechnet die CDU Namensschilder an Uniformen per Gesetz verordnen. Ein Schild sei Ausdruck einer aufgeklärten und selbstbewussten Polizei, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Sven Petke, am Sonntag der taz.
"Zu einer Uniform gehört ein Name." Die Fraktion hat einen entsprechenden Änderungsantrag für das brandenburgische Polizeigesetz eingebracht. Er soll in erster Lesung in der Landtagssitzung am 1. und 2. Juli behandelt werden. Das Innenministerium reagierte zurückhaltend.
Um das Thema wird bundesweit seit Jahren gestritten. Einzig in Hamburg geben sich Polizisten per Namen an der Uniform zu erkennen. In Berlin möchte Polizeipräsident Dieter Glietsch ein Schild durchsetzen, das auf der einen Seite den Namen des Beamten zeigt, auf der anderen seine Dienstkartennummer. Mit welcher Seite sich der Polizist der Öffentlichkeit präsentiert, soll ihm überlassen bleiben.
Das Vorhaben ist bislang am Widerstand der Polizeigewerkschaften und Personalräte gescheitert; sie befürchten, dass die Staatsdiener ausspioniert und drangsaliert werden. Glietsch indes bekräftigte jüngst in der taz seinen Willen, die Kennzeichnung umzusetzen.
Den rot-roten Senat weiß er hinter sich. Inzwischen ist die Einigungsstelle angerufen worden, um eine Lösung zu finden. Das Gremium besteht aus drei Arbeitnehmer- und drei Arbeitgebervertretern sowie einem Richter. Es wird wohl nach der Sommerpause erstmals zusammentreten. Polizeichef Glietsch bleibt trotz Gegenwinds aus den eigenen Reihen optimistisch.
Auch in Brandenburg hat sich die rot-rote Landesregierung im Prinzip für Namensschilder ausgesprochen. Auf Betreiben der Linken ging das Projekt in den Koalitionsvertrag von 2009 ein. Dort heißt es, es würden "geeignete Maßnahmen geprüft", und zwar in Absprache mit Gewerkschaften, wie der stellvertretende Sprecher des Innenministeriums, Wolfgang Brandt, sagte.
Wirklich voranzutreiben scheint Innenminister Rainer Speer (SPD) das Projekt aber nicht: "Es gibt derzeit andere vordringliche Dinge", sagte Sprecher Brandt lapidar der taz. Der Koalitionsvertrag gelte schließlich für fünf Jahre - da sei noch jede Menge Zeit. Die Brandenburger Polizei ist ohnehin dagegen; sie fürchtet ebenso wie die Kritiker in Berlin, dass Beamte bedroht und angegriffen würden.
Dass nun gerade die Bürgerlich-Konservativen die Regierung vor sich her treibt, ist doch überraschend. In Berlin etwa ist die CDU strikt gegen verpflichtende Namensschilder. Dabei will sie trotz der gegenläufigen Initiative aus Brandenburg bleiben. Die Haltung der CDU-Fraktion in Potsdam sei eine "absolute Einzelmeinung", sagte der innenpolitische Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, Robbin Juhnke. "Wir wollen weiter, dass die Regelung so bleibt, wie sie bisher ist, nämlich dass Polizisten selbst bestimmen können."
CDU-Mann Petke wollte die Ansicht der Berliner Parteikollegen nicht kommentieren. Er wies lediglich darauf hin, dass sich der Polizeidienst in Berlin und Brandenburg deutlich unterscheide. "Und zwar nicht nur in der Walpurgisnacht und am ersten Mai - wir haben auch die Problemviertel nicht wie es sie in Berlin gibt", sagte Petke. Daher sieht er durchaus Chancen für seinen Gesetzesantrag im Potsdamer Landtag: "Wenn die Vernunft etwas zählt", werde er durchkommen. Von so einer Aussage der Konservativen kann die Berliner Landesregierung nur träumen.
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