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■ Bosnische Serben boykottieren die ParlamentseröffnungNichts als wütendes Wehgeheul

Eine reelle Option haben sie nicht mehr. Also spielen sie Spielchen, die bosnischen Serben. Ihr Mitglied im bosnischen Präsidentschaftsrat und die elf bosnisch-serbischen Abgeordneten des gesamtbosnischen Parlaments blieben am Samstag der feierlichen Eröffnung fern. Und das, obwohl alles bis ins letzte Detail genau geplant und mit ihnen abgestimmt war, vom Blumenarrangement auf der Bühne des ehemaligen Nationaltheaters in Sarajevo, über die Auswahl des Orchesters und der Musik bis hin zu den Sicherheitsvorkehrungen. Doch es waren weniger die kroatischen und muslimischen Landsleute, die den bosnischen Serben den Spaß an der Parlamentseröffnung und der Vereidigung des Staatspräsidiums vergällten. Erbost waren die bosnischen Serben vielmehr über die gegenseitige Anerkennung von Bosnien und der Bundesrepublik Jugoslawien, die die Präsidenten Milošević und Izetbegović in Paris vereinbarten. Den Anschluß an ein serbisches Mutterland können die bosnischen Serben sich jetzt abschminken. Sie sind im Jugoslawien von Milošević nicht willkommen.

Mit ihrem Boykott haben die bosnischen Serben ein Eigentor erzielt. Ihr wütendes Wehgeheul hat ihnen nur geschadet. Haben sie doch die internationalen Vermittler und auch die internationalen Geberländer verärgert. Setzen die bosnischen Serben weiterhin auf die Errichtung ihrer „Republika Srpska“, werden sie die Quittung dafür erhalten. Die internationale Hilfe wird ihr vom Krieg zerstörtes Land ganz einfach meiden. Das aber würde die innerserbische Opposition mobilisieren. Die Oppositionsparteien in der „Republika Srpska“ könnten mit der bloßen Forderung nach uneingeschränkter Umsetzung der Dayton-Vereinbarungen Punkte machen und die Herrschaften Krajisnik und Präsidentin Plavšić unter Druck setzen. Schaden würde das sicher nicht.

Doch wie gewohnt lassen die bosnischen Serben sich erst mal nicht von ihrem Spielchen abhalten. Krajisnik machte nun eine Kehrtwendung. Die gemeinsamen bosnischen Staatsorgane sollten sich so schnell wie möglich konstituieren, sagte er. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Georg Baltissen

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