■ Bonn hat den Streit mit der Ost-CDU kleingearbeitet: War da was?
Wenn ein General die Schlacht gewonnen hat, dann kommt es schon vor, daß er sich großzügig und gelassen gibt. Er sei froh, wieder einmal in Berlin zu sein, sagte CDU-Generalsekretär Peter Hintze gestern ganz fröhlich. Das Gespräch mit den Vertretern der Ost-CDU am Abend zuvor sei eine „versöhnliche und konstruktive Aussprache“ gewesen, eine „gründliche Problemanalyse“. „Vereinzelt entstandene Mißverständnisse“ habe man gemeinsam mit den „Freunden aus den neuen Ländern“ ausräumen können. Wie schön! Die Partei, die Partei, die hat immer recht.
Peter Hintze konnte deswegen so gelassen sein, weil er zu seinem Besuch in ein weitgehend befriedetes Gebiet kam. Die Unruhe, die allen voran Eckhardt Rehberg, CDU-Fraktionschef aus Mecklenburg-Vorpommern, und Paul Krüger, stellvertretender CDU- Fraktionschef in Bonn, mit ihren Ost-Strategiepapieren in der Partei ausgelöst hatten, war bereits vor dem Treffen verflogen. In der für Parteien so typischen Art wurden die Delinquenten erst zusammengestaucht (Helmut Kohl und Peter Hintze), dann voller Verständnis fest in die Arme geschlossen (Wolfgang Schäuble) und anschließend von einem abtrünnigen Vetreter aus ihrem eigenen Lager (Christoph Bergner, Fraktionschef in Sachsen-Anhalt und Stellvertretender CDU-Vorsitzender) wieder auf Linie gebracht. Vereinzelt hört man aus Schwerin, Dresden und Potsdam zwar noch unzufriedenes Murmeln, auch über Peter Hintze, der auf dem Treffen wieder einmal gezeigt hat, daß er von Bonn nicht viel und vom Osten gar nichts versteht. Aber wer murmelt, den hört man schlecht.
Der Streit darüber, was der CDU im Osten und mit dem Osten zu schaffen macht, wurde, wie es Parteistrategen so schön formulieren, kleingearbeitet. Profillosigkeit der CDU? West-Dominanz? Mangelndes Verständnis für die Probleme der Menschen? Holzhammerartiger Umgang mit der PDS? „Die CDU hat eine gesamtdeutsche Identität“, stellte Hintze gestern unaufhörlich klar, dann kommt eine ganz Weile nichts, und dann gibt es da noch „besondere Anliegen, Erfahrungen und Sichtweisen der neuen Länder“. Außerdem, so kündigte der Generalsekretär an, werden die verschiedenen Papiere aus der Ost-CDU in Bonn „gesammelt, ausgewertet und in die Diskussion der Bundespartei eingebracht“. Und es kommt noch dicker: Die „Zusammenkünfte mit den Vertretern der neuen Länder sollen verstetigt werden“. Man kann sich lebhaft vorstellen, was das heißt. Aufstand in der Ost-CDU – war da was? Jens König
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen