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■ Bonn-apartJakob Mierscheid ist wieder da!

Diesmal irrt der legendäre Abgeordnete Jakob Mierscheid, der nie wirklich existierte, aber in Briefen, Anwesenheitslisten und Aktenvermerken seine Spuren in der Geschichte des Bundestags hinterließ.

Sein Ruf ist ohnehin verblaßt, seit im vergangenen Jahr das gleichnamige Etablissement schließen und der Ausfall eines beliebten Bonner Treffpunkts von Politik und Journalistik beklagt werden mußte.

Als sich das Phantom vor einigen Tagen wieder einmal, natürlich brieflich, einschaltete, traute das Bundestagspresseamt jedenfalls nur noch der taz zu, Herrn Mierscheid Öffentlichkeit zu verschaffen. Was hiermit geschehen, aber nicht ohne Widerspruch bleiben soll. Jakob Mierscheid hat offenbar die Sorgen führender Politiker über die wuchernde und ausufernde Enthüllerei genau verfolgt. Seine Analyse: „Es entstand eine verbreitete Politik- und Politikerverdrossenheit als Störelement unserer Demokratie, verursacht durch Mißbrauch der Freiheit der Meinungsäußerung durch den Kommerzjournalismus.“ Sein Vorschlag: die Änderung von Artikel 5 Grundgesetz nach dem Vorbild der Asylrechtsänderung. Der neue Artikel 5a hieße im Absatz I weiter: „Eine Zensur findet nicht statt“, während im Absatz II geregelt wäre, wer sich darauf nicht berufen kann. Nämlich alle, die „mit Verlagen und deren Produkten, Rundfunk- und Fernsehanstalten und deren Sendungen in irgendeiner Verbindung stehen ...“ Sicher, die Idee ist verführerisch. Wie aber steht es mit der Wirksamkeit von Rechtsverschärfungen?

In Bonn scheint in den letzten Tagen manchem zu dämmern, daß das Problem ganz anders und ganz einfach zu lösen wäre. Liefert die SPD nicht unendlich schönen Stoff? Ein neuer Geschäftsführer ist fällig, eine neue Pressesprecherin, ein Wahlkampfteam. Warum kommt die Spakulationsmaschinerie bloß nicht in Gang? Weil fehlt, was die Jagd nach Sensationen überhaupt erst aussichtsreich macht: der Politiker, der erst unentwegt ratscht, um dann über die Folgen zu jammern.

Hochproblematische Sitten sind durch solche Gewohnheiten in Bonn entstanden. Am Donnerstag haben zwei FDP-Politiker die Rücktrittsforderungen gegen Generalbundesanwalt von Stahl zurückgewiesen, der die parlamentarischen Gremien höchst lückenhaft informiert hatte.

Diese Gremien seien nicht verläßlich vertraulich – wenn jemand wie Burkhard Hirsch zu dieser Fehlleistung kommt, muß über das Verhältnis von Politik und Öffentlichkeit ernsthaft nachgedacht werden. Tissy Bruns

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