Bonn-apart: Hausmusik und Folter in Ägypten
■ Hoch klingt das Lied vom bürgernahen Abgeordneten: Helmut Lamp aus Plön!
Die Bürger haben es satt: Die Pappnasen in Bonn machen doch ohnehin, was sie wollen. Kein Wunder, daß immer weniger zum Wählen gehen. Über Politikverdrossenheit klagen viele. Einer tut was dagegen: Helmut Lamp aus dem Kreis Plön in Schleswig- Holstein, seines Zeichens Abgeordneter der Christlich-Demokratischen Union im Deutschen Bundestag.
Während andere Politiker versuchen, sich mit Hilfe von Umfrageergebnissen ein vages Bild der Realität zu machen, hält Helmut Lamp engen Kontakt mit den Leuten und läßt die das auch wissen. Der 47jährige, der nicht verschämt als „Landwirt“ auftritt, sondern als „Bauer“, bittet Bürgerinnen und Bürger zu sich nach Hause – und macht auch gern Privatbesuche. „Laden Sie mich doch mal an einem Sonntag morgen zum Frühstück ein, ganz frisch gelegte Eier von meinen freilaufenden Hühnern bringe ich mit“, verspricht er in einem Faltblatt. Das in blassem Aprikot gehaltene Werbemittel verteilt der Nordeutsche an Besucher.
Deren Zahl ist schon Legion. Zu Fahrten nach Bonn und nach Berlin hat der Politiker schon mehr als 2.000 Menschen eingeladen, wie in dem Faltblatt unter der Überschrift „Mit Lamp auf Achse“ zu lesen ist: „Über 1.000 Damen und Herren konnte ich in meinem Bonner Büro ein Glas Sekt kredenzen.“ Zuschüsse für „preiswerte Wochenendfahrten“ (Lamp) dieser Art bezahlt die Bundeskasse.
Aber ein Abgeordneter hat noch anderes zu tun, als mit Gästen Sekt zu schlürfen oder mit ihnen auf Kosten der Steuerzahler durch alte und neue Hauptstädte zu tingeln. Nicht nur um seine Schwerpunktthemen gesunde Ernährung, Kampf gegen organisiertes Verbrechen und „Politikvertrauen“ kümmert sich der Volksvertreter, sondern um sechs Dutzend weitere Problemfelder. Lamps „bunte Themenpalette“ liest sich auch im Ausschitt beeindruckend: Schüleraustausch mit den USA, Folter in Ägypten, Biodiesel, Maastricht, Drogen, Kartensteuer für Ehrenmal Laboe und Kurden.
Wer sich nun Hoffnung macht, mit „Lamp auf Achse“ gehen zu können, muß an dieser Stelle ausdrücklich gewarnt werden. „Um niemand zu verärgern“ mischt er bei der Besucherauswahl nicht mit, sondern gibt die Plätze für die Freifahrten an Vereine und Verbände. Die sollen sie als Hauptgewinn der Tombola beim Vereinsfest ausloben. Wer dort kein Glück hat, sei auf den Sommer vertröstet. Dann lädt Lamp ein unter dem Motto „Lieder in der Laube“. Gute Laune ist Pflicht, aber der Abgeordnete verspricht mit seinem Schifferklavier nachzuhelfen. Termine bitte mit dem CDU-Kreisbüro in Plön ausmachen!
Hans Monath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen