Bonn apart: Das Schiff dümpelt
■ Frauen und Macht – nein oder doch?
Bonn (taz) – Kurz, heiß und heftig – die Woche in Bonn. Ganze drei Tage dauerte sie, von Montag bis Mittwoch. FDP- Depression, Post-Privatisation, Abtreibungs-Diskussion und dann am Mittwoch abend fliegender Wechsel nach Berlin zur Verfassungsreform. Seither dümpelt lediglich nur noch das Wasser im Keller des Schürmann-Baus vor sich hin, und so verlassen auch wir das Regierungsviertel.
Und da, auf der Suche nach den Bon(n)mots der Woche, stolpern wir doch über eine Einladung von Hans Daniels, seines Zeichens Oberbürgermeister dieser Stadt, zu einem „Abend des Erfahrungsaustausches“ für alle engagierten Bonnerinnen. (Daß es sich dabei etwa um eine Wahlkampfveranstaltung im Vorfeld der Komunalwahlen im Oktober handele, ist natürlich ein Gerücht.)
Daniels möchte nämlich dazu beitragen, daß sich die Bonner Frauen noch stärker vernetzen. Schließlich, so schreibt er, sei ihm aufgefallen, daß Frauen viel leichter als Männer „so etwas wie verbindende Gemeinsamkeit herstellen können“. Welch duftende, geheimnisatmende Worte, eine Annäherung nur an das Unfaßlich-Unaussprechliche. Ein Loblied gar auf weibliche Ur-Tugenden wie Friedfertigkeit, Anpassung und Engagement für „gute Stimmung und Zufriedenheit“. Ergänzt Daniels am Abend im Bonner Frauenmuseum – „vor einer recht braven Zuhörerinnenschaft“, wie eine hiesige Tageszeitung dankenswerter Weise vermeldet.
Fürwahr, das könnte Balsam für die weibliche Seele sein, hingen da nicht in der ganzen Stadt jene Plakate mit den häßlichen Worten „Frauen und Macht“. Darüber prangt, wir atmen erleichtert auf, das holde Angesicht von Bauministerin Irmgard Schwaetzerin, die sich zu diesem provokant formulierten Thema äußern will. „Wer über Macht nachdenkt, wird sie nie erreichen“, resümiert sie im Universitäts-Hauptgebäude, und offenkundig hat auch sie, die FDP-Frau, bereits über dieses Sujet nachgesonnen. Es sei die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine fehlende (Leistungs-)Quotierung, die den Frauen den Weg in Führungspositionen versperrten, meint Bonns Schwaetzerin – und wir stutzen.
Führung? Macht? Beschwor nicht gerade Herr Oberbürgermeister der Frauen gemeinsame Verbindlichkeit, verbindende Gemeinheit, bindende Gemeinschaft? Unser Haupt bewölkt sich. Die Sonne senkt sich, der Kreislauf klappt ab. Myriam Schönecker
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