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■ Bonn apartLiberallala

Kinkel jammert, seine Parteifreundin Irmgard Schwätzer heult fast schon vor Wut. Aber nicht etwa das neuerliche Wahldebakel in Bayern brachte die FDP-Spitzenkräfte in Rage, sondern die jüngsten Meinungsumfragen. Da hatte Forsa-Chef Manfred Güllner der taz am Montag erzählt, die FDP rangiere in der Wählergunst bei gerade einmal vier Prozent. In der Kölner Rundschau setzte er noch eins drauf: Die Liberalen würden voraussichtlich den Einzug in den Bundestag nicht schaffen. Stimmen für die FDP seien laut Wählermeinung wahrscheinlich verlorene Stimmen.

Das war für die glücklose Wohnungsbauministerin dann doch zuviel: „Es ist außerordentlich bedenklich“, giftete sie, „wenn Umfrageinstitute ihre Aufgabe nicht mehr vorrangig in der Meinungsforschung, sondern eher in der Stimmungsmache sehen.“ FDP-General Werner Hoyer wurde noch lauter und bellte, das Ganze sei ein „übler Versuch, mit Demoskopie Wahlen zu beinflussen“.

Nur Güllner reagierte auf die Beschimpfungen gelassen: Alles sei „dummes Geschwätz“, sein Sample beruhe auf 2.500 BürgerInnen, schließlich erfinde er ja keine Zahlen.

Doch auch Schwätzers Schelte, Hoyers Ausfälle und Kinkels zwanghafter Optimismus können über den angekündigten Tod nicht hinwegtäschen. Die Zahlen sprechen Bände. Ein paar Beispiele gefällig? Vier Fünftel haben mit der armen FDP keinerlei Mitleid, fand Infas heraus, drei Viertel sprechen ihr eine wichtige Rolle im Parteiensystem ab, zwei Drittel glauben sogar, die Partei der Liberalen sei nichts anderes als ein „Auslaufmodell“.

Daß die FDP auf der ganzen Linie gefährdet ist, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Das „liberale Lebensgefühl“ ist futsch, Hüter der Menschen- und Freiheitsrechte sind längst die Bündnisgrünen, das liberale Standortmodell stellt höchstenfalls noch „besserverdienende“ Mittelständler zufrieden, und von der Fortschrittspartei, die sich für Wissenschaft und Bildung stark macht, ist nur ein Bundesminister geblieben, dessen Name niemend kennt.

Wenn sich, wie bei den Liberalen, der Marktanteil halbiert, kann das am falschen Management, aber auch am falschen Produkt liegen – bei der FDP liegt es vermutlich an beidem. Erwin Single

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