■ Bonn-apart: Wettbewerb der Brückenbauer
Wer hat die größte, die schönste Brücke gebaut? Ein seltsamer Wettbewerb, der in einer Architekturzeitschrift gut aufgehoben wäre, der tatsächlich aber diese Woche in Bonn bei den Bündnisgrünen ausgetragen wurde. Gestritten wurde, wer zwischen dem Bremer Parteitag vor sechs Tagen und der Bundestagsabstimmung über den Bosnieneinsatz am Mittwoch den außenpolitischen Konkurrenten entgegengekommen war. Am Mittwoch herrschte in der Parteispitze und bei manchen Abgeordneten helle Empörung. Dabei hatte die Fraktionsmehrheit doch der Parteitagsbitte entsprochen, im Bundestag nicht zuzustimmen.
Eine der „Brücken“ hatte Fraktionssprecherin Müller gebaut. Sie hatte in Bremen den Beschluß zur Ablehnung in die Bitte um Nicht-Zustimmung entschärft. Angesichts von 22 Ja-Stimmen kann sie sich kaum darüber freuen, daß ihre Brücke auch beschritten wurde. Der Ton im Umgang mit dem Realo-Kollegen Fischer ist zwar schon wieder versöhnlicher („Auf persönlicher Ebene kriegen wir das hin“). Aber nun sei doch die andere Seite am Zug.
Die aber verweist auf die Gewissensentscheidung, die Realos und Linke den Abgeordneten zugestanden hatten – freilich nur solange das Ergebnis einer Vorauszählung nicht vorlag. Da hatte die Linke die Nase voll. „Aber Gewissensentscheidungen lassen sich nicht kontingentieren“, meint Vorstandssprecherin Sager, einsame Reala in der Parteiführung.
Immerhin ruft niemand mehr wegen Verweigerung einer Brückenüberquerung nach einem Sonderparteitag. So können sich über Weihnachten die Gemüter abkühlen. Danach ist es für den Streit zu spät. Wer will schon als Grabenkrieger in die kommenden Landtagswahlkämpfe ziehen? Hans Monath
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