: Bombe auf Gedenkfeier: Elf Tote in Nordirland
■ Bombenexplosion tötet mindestens 11 Menschen und verwundet 48, darunter 13 Kinder / Die Opfer wollten an protestantischem Gedenktag für die Toten der beiden Weltkriege teilnehmen / IRA–Täterschaft vermutet
Aus Dublin Ralf Sotschek
Bei einem Bombenanschlag im nordirischen Enniskillen sind am Sonntag vormittag mindestens elf Menschen getötet und 48 verletzt worden. Obwohl sich bis Redaktionsschluß keine Organisation zu der Tat bekannt hat, deuten die Umstände des Anschlags auf die „Irisch–Republikanische Armee“ (IRA) hin. Gestern wurde in Großbritannien und Nordirland der Gedenktag für die Toten der beiden Weltkriege begangen, zu dem vor allem die protestantische Bevölkerung Kränze aus Mohnblumen an Kriegerdenkmälern niederlegten. Auch in Enniskillen, einem kleinen Ort mit 7.000 Einwohnern, 140 Kilometer südwestlich von Belfast, versammelten sich Menschen zu einer Gedenkfeier, die um 11.00 Uhr anfangen sollte. Eine viertel Stunde vor Beginn der Feier explodierte eine Bombe, die in einem Gemeindezentrum versteckt war, das nur 20 Meter von dem Kriegerdenkmal entfernt lag. Das Gebäude wurde vollkommen zerstört und begrub 50 Menschen unter sich. Die Toten und Verletzten sind fast ausnahmslos Zivilisten, darunter 13 Kinder. Die Sucharbeiten dauerten bis in den Abend an. Es wurde befürchtet, daß unter den Trümmern noch Opfer liegen. Der Anschlag wurde von Politikern in Irland und Großbritannien scharf verurteilt, und die britische Regierung wurde aufgefordert, unerbittlich gegen die Täter vorzugehen. Der irische Ministerpräsident Charles Haughhey sagte, „jeder anständige Ire empfindet Abscheu gegen die Urheber dieser kriminellen Bluttat“. Das Oberhaupt der anglikanischen Kirche in Irland, Robert Eames, meinte gegenüber dem Rundfunk, er wünsche, die Täter könnten sehen, was sie angerichtet hätten. Falls sich herausstellen sollte, daß die IRA für das Massaker verantwortlich ist, wird es ihr und ihrem politischen Flügel Sinn Fein (“Wir selbst“) schweren politischen Schaden zufügen. Noch vor einer Woche hatte Sinn Fein–Präsident Gerry Adams auf dem Parteitag erklärt, daß seine Partei für ein vereintes Irland kämpfe, in dem auch die Rechte der Protestanten garantiert seien. Dieser Bombenanschlag war jedoch klar gegen die protestantische Bevölkerung gerichtet, da die Katholiken den Gedenktag nicht feiern.
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