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Archiv-Artikel

Böser Muslim, guter Muslim KOMMENTAR VON DANIEL BAX

Seit Tagen prägen die gewalttätigen Ausschreitungen in vielen islamischen Ländern die Bilder unserer Fernsehnachrichten. Der hässliche Muslim zeigt einmal mehr sein Gesicht. Zwar stellt der gewalttätige Mob in Beirut, Damaskus und Teheran nur eine Minderheit dar, doch durch die Maßlosigkeit seines Auftretens und seiner Forderungen vermittelt sich ein verheerendes Bild des Islam, das vielen Europäern Angst einjagt. Glaubt man einer aktuellen Umfrage, hat mehr als ein Drittel aller Deutschen heute Angst vor dem Islam.

Dieser Reaktion, die radikale Fundamentalisten, Selbstmordattentäter und islamistische Geiselnehmer im Nahen Osten hervorrufen, müssen sich die Muslime in Deutschland stellen. Daher distanzieren sich zahlreiche muslimische Verbände und andere Migrantenorganisationen von den Vorkommnissen in den islamischen Ländern. Indem sie zu Vernunft und Besonnenheit aufrufen, versuchen sie, dem Bild des hässlichen Muslims, wie es aus dem Nahen Osten herüberstrahlt, etwas entgegenzusetzen: das Bild des verantwortungsbewussten Staatsbürgers.

Ähnliche Appelle gab es in den letzten Tagen auf internationaler Ebene auch von der Arabischen Liga und der Organisation der Islamischen Konferenz, der 57 Staaten angehören. Deren Aufrufe richten sich nach außen wie nach innen. Es ist ja kein Zufall, dass die Proteste gerade in jenen Ländern eskaliert sind, die selbst unter internationalem Druck stehen. Das erklärt etwa die Ausschreitungen in einem säkularen Staat wie Syrien, der bislang nicht durch besondere Religiosität aufgefallen ist. In Pakistan dagegen, an Fundamentalisten gewiss nicht arm, hat das Regime die Lage im Griff.

Die aktuellen Appelle zur Mäßigung dürften im Sinne der schweigenden Mehrheit in den islamischen Ländern sein, der nicht an einem Kulturkampf mit dem Westen gelegen ist. Wichtiger als jeder offizielle Appell ist jedoch die Rolle der Zivilgesellschaft. Denn die eigentliche Debatte über Zensur, Religion, Staat und Gesellschaft müssen die BürgerInnen in den islamischen Ländern selbst führen. Von einer Eskalation der Affäre profitiert dagegen nur die islamistische Opposition.