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■ Bölkstoff: „Warsteiner“ verklagt „Clausthaler“„Immer öfter“-Bier unter Beschuß

Clausthal-Zellerfeld (taz) – Nicht immer, aber immer öfter haben die Gerichte darüber zu befinden, ob Firmenprodukte ihre Namen zu Recht tragen oder nicht. So jetzt auch im Falle des alkoholfreien Erfolgs-Bieres Clausthaler aus dem Frankfurter Brauhaus Binding. Die westfälische Warsteiner Brauerei hat den hessischen Konkurrenten auf Unterlassung dieser Bezeichnung verklagt. Das Clausthaler werde in Wirklichkeit gar nicht in dem Harzstädtchen Clausthal-Zellerfeld, sondern in Frankfurt hergestellt, lautet das Argument von Warsteiner. Weil aber der Produktname das Gegenteil suggeriere, handele es sich hier um eine grobe Irreführung der Verbraucher.

Bei dem Rechtsstreit geht es allerdings nur vordergründig um den Namen. Im Hintergrund steht vielmehr der erbitterte Kampf um Marktanteile. Clausthaler ist mit 32 Prozent der Branchenführer unter den alkoholfreien Gerstensäften. Fast eine Million Hektoliter des „Immer öfter“-Bieres werden jedes Jahr produziert, und Binding-Pressesprecherin Renate Wrobel ist davon überzeugt, „daß wir unsere Marktführerschaft sogar noch weiter ausbauen können“. Demgegenüber krebst das alkoholfreie Bier von Warsteiner mit weniger als fünf Prozent Marktanteil lediglich auf den hinteren Plätzen herum. Ein gewonnener Prozeß, kalkulieren die Westfalen, könnte die Verhältnisse auf der Rangliste der autofahrerfreundlichen Biere ordentlich durcheinanderwirbeln.

Das Oberlandesgericht in Hamburg, bei dem die Sache anhängig ist, hat jetzt einem Beweisantrag des Klägers stattgegeben. Die Richter beauftragten ein Meinungsforschungsinstitut mit einem demoskopischen Gutachten. Es soll darüber Aufschluß geben, wie viele Bürger der Meinung sind, daß das Clausthaler aus dem Harz stammt. Binding-Justitiar Wolfgang Langer sieht der Expertise „mit Gelassenheit“ entgegen.

Auf der anderen Seite ist auch die Warsteiner Brauerei von einem Erfolg in der Angelegenheit überzeugt. Schließlich, so ein Firmensprecher, habe man mit solchen Fällen einige Erfahrung. Den Westfalen war in einem früheren Verfahren von demselben Gericht untersagt worden, das alkoholfreie Warsteiner in Paderborn zu brauen. Warsteiner Biere müßten aus Warstein kommen.

Interessiert verfolgen die richtigen Clausthaler das juristische Spektakel. Ihnen persönlich sei es zwar „egal, ob das Clausthaler weiter Clausthaler heißt“, vertraut die Dame vom örtlichen Fremdenverkehrsverein dem Anrufer an. Aber einen bekannten und gut beleumundeten Werbeträger würde die Kommune durch ein etwaiges Verbot des Namens schon verlieren.

In Clausthal-Zellerfeld hat man übrigens früher einmal selbst Bier hergestellt. Als die Brauerei in den achtziger Jahren pleite machte, wurde die Einrichtung von einem Konkurrenten übernommen und abtransportiert – von Binding, Frankfurt. Reimar Paul

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