Bodo Ramelow will regieren: Dunkelroter Sieger
Der Chef der Thüringer Linken, Bodo Ramelow, ist im Wahlkampf zum stärksten Herausforderer des CDU-Ministerpräsidenten Dieter Althaus geworden. Jetzt will er in Thüringen an die Macht.
Dass die Thüringer Landtagswahl gut für Bodo Ramelow ausgehen würde, war vorher bereits klar. Dass der Spitzenkandidat der Linkspartei nun aber mit 27,4 Prozent rauskommt, dürfte alles ändern.
Der 53 Jahre alte Ramelow ist der stärkste Herausforderer von CDU-Ministerpräsident Dieter Althaus. Der, soviel ist nun klar, muss um sein Büro in der Erfurter Staatskanzlei nun bangen und sich einen neuen Koalitionspartner suchen, will er es behalten.
Bodo Ramelow hatte vor der Wahl nicht klar Stellung bezogen, ob er selber Ministerpräsident werden möchte. Jetzt, nach dem Erfolg der Linken in Thüringen hat er seinen Anspruch auf das Amt bekräftigt. Das Ergebnis mache deutlich, "dass wir die treibende Kraft für den Politikwechsel sind", sagte Ramelow am Sonntag nach Bekanntgabe der ersten Prognosen in Erfurt.
Der "schwarze Filz" sei abgewählt worden. Den Prognosen von ARD und ZDF zufolge könnten Linke, SPD und Grüne gemeinsam eine Regierung in Thüringen bilden. SPD und Grüne lehnen es aber bislang ab, Ramelow zum Ministerpräsidenten zu wählen.
Thüringen:
CDU 31,2% (-11,8)
Linke 27,4% (+1,3)
SPD 18,5% (+4)
FDP 7,6% (+4)
Grüne 6,2% (+1,1)
NPD 4,3% (+2,7)
Freie Wähler 3,9% (+1,3)
Reps 0,4% (-1,6)
Sitze: CDU 30, Linke 27, SPD 18, Grüne 6, FDP 7.
Grünen-Chefin Claudia Roth machte die grundsätzliche Bereitschaft ihrer Partei zu einem rot-rot-grünen Bündnis in Thüringen deutlich. "Das System Althaus scheint dramatisch verloren zu haben", sagte sie nach den ersten Prognosen. Schwarz-Gelb habe keine Mehrheit. Die Grünen seien bereit, "wenn die Inhalte stimmen", Rot-Rot-Grün einzugehen. Das werde aber in Thüringen entschieden. Roth lehnte es dabei erneut ab, Ramelow zum Ministerpräsidenten zu wählen.
Dass die SPD mit ihren knapp 19 Prozent Koalitionspartner der CDU wird, ist eher unwahrscheinlich. Die Zeichen stehen in Thüringen auf Wechsel, und Spitzenkandidat Christoph Matschie könnte mit der Linken und den Grünen für eben diesen sorgen. Dass er diese Chance ungenutzt verstreichen ließe, ist nicht anzunehmen. Selbst die Berliner SPD-Spitze hat schon grünes Licht für Rot-Rot auf Länderebene gegeben hat. Wäre da nicht das Problem Bodo Ramelow.
Der nämlich hat Matschie im Wahlkampf oft brüskiert und immer mal wieder klargestellt, im Falle einer rot-roten Koalition selbst neuer Ministerpräsident werden zu wollen. "Wir sind der Koch, die SPD ist der Kellner", ließ er sich zitieren, als es um die Frage ging, wer im Fall einer rot-rot-grünen Mehrheit den MP machen soll. Kurz zuvor hatte er noch gesagt, er brauche in einer neuen Regierung keinen Schreibtisch, was von den Medien als Bereitschaft gewertet wurde, den Partnerpart zu übernehmen.
Diese uneindeutige Art zu kommunizieren, das großspurige Ankündigen und Dementieren, das Taktieren und Provozieren, macht es nicht nur Christoph Matschie schwer, sich zu Bodo Ramelow zu bekennen. Der stellvertretende Linke-Fraktionsvorsitzende im Bundestag hat einen Hang zum Lautstarken, Wohlmeinendere sehen darin auch eine Stärke. Er ist ein Mann für viele Weltsichten: ein Ostler aus dem Westen, ein Linker, der Gottesdienste besucht. Er kann kommunizieren und auch hart in der Sache sein, vor allem wenn es um Rechtsradikalismus geht. Von dieser Sorte hat die Linkspartei nicht viele.
1956 in Niedersachsen geboren und in Hessen aufgewachsen, macht er nach der Schule eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und danach die Fachhochschulreife in Marburg. Er arbeitet bei Karstadt und wird schnell Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen. Als 1989 die Mauer fällt, schickt ihn die HBV nach Thüringen. Es ist viel los in dieser Zeit, der Osten ein großes Abenteuer für einen, der sich im Westen mit seinen Gewerkschaftschefs über die Kleiderordnung bei Dienstbesprechungen streiten muss.
Ramelow bleibt. Er düst durchs Land, schult Leute, kämpft für die Arbeitnehmer gegen die Treuhand. Die Leute mögen einen wie ihn, einen Furchtlosen und Parteiischen. Auch der PDS fällt der ossifizierte Westler auf. 1999 tritt er in die Partei ein, 2001 wird er Chef der Landtagsfraktion in Erfurt, 2004 holt er in Thüringen sagenhafte 26 Prozent.
Auch deshalb nimmt er diesmal den Mund voll: er will jetzt den Job. Und wenn er den nicht haben kann, will er wenigstens dafür sorgen, dass Althaus gehen muss. Dafür wird er auch zu Kompromissen bereit sein. Aber nur, wenn es sein muss.
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