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Bocksprung und Salto mit ganzer Schraube

■ Hamburgs Politiker beim Volkssport / taz-Endlos-Serie: Die Opposition greift ein

Die GAL müht sich gleich an den ganz großen Gewichten, die CDU erweist sich als reichlich ungelenkig. Was die beiden Oppositionsparteien gestern bei ihren ersten Trainingseinheiten im Volkssport Sparen zeigten, hätte unterschiedlicher kaum sein können. Während GAL-Finanzer Willfried Maier eine senatsreife Leistung bot, stolperte sein CDU-Kontrahent Ralf Mairose schon beim Anlauf zum ersten Bocksprung.

Wer erwartet hatte, daß sich die Unionsfraktion nach den durchaus selbstkritischen Analysen zur Arbeitsleistung der Bürgerschaftsfraktion vor der Neuwahl etwas am Riemen reißen würde - ogottogott. „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Die Antwort des Unionspressesprechers auf die Frage nach dem Sinn dieser als Haushalts-Pressekonferenz getarnten Zeitverschwendung läßt sich übertragen auf Mairoses als Haushalts-Analyse getarnten Langweiler: „Der Senat reagiert unzureichend auf die dramatische Situation“, „die Rücklagen werden restlos geplündert“, „die finanzielle Lage wird sich weiter verschärfen“, „der Schuldenberg ist bereits viel zu hoch“. Man müßte schon sehr lange im Urlaub gewesen sein, um in diesen Mitteilungen einen Neuigkeitswert entdecken zu können. Vielleicht ein paar Vorschläge? Nur eine einzige neue Idee für die künftige Finanzpolitik. Nichts. Gar nichts. Doch, doch, man werde schon noch Sparvorschläge machen, sagt Mairose und verspricht demnächst eine sogenannte „Giftliste“ vorzulegen: Stelleneinsparungen, Zuwachsraten reduzieren, städtisches Eigentum verkaufen. Oh, das wird spannend beim nächsten Training!

Wechseln wir also den Übungsraum und lauschen dem Vortrag des auch von gestandenen Sozialdemokraten hochgelobten grünen Parlamentsneulings Willfried Maier. Der Bürgermeister hätte seine Freude daran gehabt! Knappe Schilderung der Finanzlage: Mit den herkömmlichen Mitteln spätestens 1995 nicht mehr zu bewältigen. Flinker Wechsel zum: Was kann man dennoch tun? Wenige präzise Vorschläge: Gewerbesteuer, Hafenmieten. Dann, ganz Finanzsenator: Wechsel der Sparmethode, also Reform des Haushaltswesens. Schließlich - und damit endgültig qualifiziert für ministrables Hochleistungssparen - der Verweis auf Bonn.

Das strukturelle Defizit des Hamburger Haushalts, so referiert Maier, sei eben zu einem nicht unerheblichen Teil auf die Folgekosten der Einheit zurückzuführen und deshalb mit Hamburger Mitteln auch nicht zu beseitigen. Deshalb: Wiedereinführung des sogenannten Lastenausgleichs. Alle BundesbürgerInnen mit mehr als 25.000 Mark Geld-, Wertpapier- oder Grundvermögen sollten innerhalb von zehn Jahren zehn Prozent dieses Vermögens an den Staat abtreten. Sozusagen als Einheits-Gebühr, die dazu beiträgt, die durch die Neufünfland-Förderung in den Westland-Etats auftretenden Löcher zu stopfen. Salto, ganze Schraube - und ab. uex

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