Bloß keinen Fehler zugeben : KOMMENTAR VON BETTINA GAUS
Wieder einmal hat das Parlament einer partiellen Selbstentmachtung zugestimmt. Das Mandat „Enduring Freedom“, das gestern verlängert wurde, erlaubt Militäraktionen in weiten Teilen der Welt, denen der Bundestag nicht mehr gesondert zustimmen muss und über deren Einzelheiten die Abgeordneten nicht informiert werden. Die Absenkung der bisherigen, nie ausgeschöpften Obergrenze weist das Mandat als das aus, was es ist: ein Vorratsbeschluss. 1.800 Bundeswehrangehörige dürften künftig eingesetzt werden, 335 sind tatsächlich im Einsatz. Genehmigungen sind immer gut, auch wenn man sie vielleicht gar nicht braucht.
Die meisten Abgeordneten scheinen derlei inzwischen für normal zu halten. Sie lassen vieles mit sich machen. Die Information, dass die Regeln des Libanon-Einsatzes anders aussehen, als ihnen vor ihrer Zustimmung dazu gesagt worden war, blieb folgenlos. Kaum mehr als ein Achselzucken löste jetzt die Nachricht aus, dass im Rahmen des Anti-Terror-Mandats „Enduring Freedom“ deutsche Fregatten vor und während des Irakkriegs britischen und US-Kriegsschiffen Geleitschutz boten. Die Parlamentsarmee wird vom Parlament gerade abgeschafft.
Im Bundestag wurde gestern vor allem über Afghanistan geredet. In mancher Hinsicht ist die Situation dort vergleichbar mit der im Irak. Der Abzug ausländischer Truppen würde die ohnehin chaotischen Verhältnisse weiter verschlimmern. Ihre Anwesenheit kann jedoch die Lage ebenfalls nicht stabilisieren. Ein überzeugendes politisches Konzept fehlt. Die Folge: Ratlosigkeit. Und ein entschlossenes Weiter-so.
Alle Befürchtungen der Kriegsgegner haben sich als berechtigt erwiesen. Leider. Die treuherzige Begründung der Grünen, sie könnten nun der Mandatsverlängerung wegen der Kampfmethoden der USA in Afghanistan nicht zustimmen, verschlägt einem die Sprache. Nicht nur deshalb, weil der – von ihnen befürwortete – UN-Militäreinsatz sich inzwischen von „Enduring Freedom“ kaum noch trennen lässt. Sondern vor allem deshalb, weil man wirklich gern wissen möchte, was die damals regierenden Grünen denn erwartet hatten, als sie seinerzeit dem Mandat zustimmten. Ist es so schwer, einfach mal einen Fehler zuzugeben?