hamburg heute : Blech und Kannibalen
Erstmals in Deutschland: Thomas Jonigks „Liebe Kannibalen Godard“ am Thalia Theater
Auf Jean-Luc Godards Film „Week-End“ basiert das jetzt am Thalia Theater präsentierte Stück „Liebe Kannibalen Godard“, und der Titel ist dabei durchaus Programm: Vom Ende der Zivilisation, aber auch vom Ende des Kinos erzählt das pechschwarze Werk aus dem Jahr 1965. Eine ergiebige Grundlage für die theatrale Bearbeitung des 1966 geborenen Thomas Jonigk: Als Zerrspiegel großstädtischer Zivilisation inszeniert der Autor, der ab Herbst 2006 Dramaturg am Düsseldorfer Schauspielhaus sein wird, Godards Stoff. Dessen Zentralmotiv, man erinnert sich: die Landpartie eines Paars, das den Vater der Frau ermorden will; schließlich mag man nicht auf das Erbe warten.
Doch der Weg gleicht dem Ziel: In einen gigantischen Stau geraten die beiden – will sagen: in ein Paralleluniversum, das vor Absurdität und Kannibalismus strotzt und deutlich zeigt, wie schnell Zivilisation kippen kann. Ein Endzeit-Szenario, das den Betrachter perspektivlos zurücklässt, zeichnet der Film, dessen Protagonisten gleich noch ein paar literarische Figuren ermorden. Angesichts solchen Gemeuchels wirkt der Mord am Erblasser letztlich wie eine Marginalie.
Als Hommage an das Ende des Films haben Kritiker Godards Werk bezeichnet. Ob Thomas Jonigks Stück das Ende des Theaters einläutet, wird die Zukunft erweisen. PS
Premiere: heute, 20 Uhr, Thalia in der Gaußstraße