Blackwater-Söldner erhalten Immunität: Die Gesetzlosen
Vor sechs Wochen starben 17 Iraker im Feuer von US-Söldnern. War es Notwehr oder ein Massaker? Nun kann das FBI nicht ermitteln, weil den Blackwater-Mitarbeitern Immunität gewährt wurde.
WASHINGTON taz Das US-Außenministerium hat Mitarbeitern der umstrittenen Sicherheitsfirma Blackwater nach einer tödlichen Schießerei in Bagdad Immunität gewährt, berichtete die New York Times.
Obgleich die damals für den Fall zuständige Ermittlungsabteilung des State Department gar nicht befugt gewesen sei, hatte sie den an der Schießerei beteiligten Blackwater-Mitarbeitern Schutz vor behördlicher Verfolgung gewährt - solange ihre Aussagen der Wahrheit entsprächen. Das berichtete die Zeitung unter Berufung auf Vertreter der US-Regierung. Das Justizministerium, das alleine Schutz vor Strafverfolgung anbieten dürfe, sei nicht über die Absprachen informiert gewesen, hieß es.
Bei einer Schießerei in Bagdad waren am 16. September dieses Jahres 17 Iraker getötet worden, nachdem ein von Blackwater geschützter Konvoi auf einem Marktplatz in einen Verkehrsstau geraten war. Zu dem Ereignis gibt es sich widersprechende Darstellungen von irakischen Augenzeugen und von Blackwater-Mitarbeitern. Der Vorfall hatte heftige Kritik am Verhalten privater Sicherheitsfirmen in dem Golfstaat ausgelöst. Die irakische Regierung forderte zwischendurch sogar den Abzug von Blackwater aus dem Irak.
Wie sich nach dem Schießerei-Skandal deutlich zeigte, unterstehen Blackwater-Mitarbeitende und sogenannte private Contractors, anders als das US-Militär, nicht der Militärgerichtsbarkeit. Zudem ist völlig unklar, ob, und wenn ja, welche US-Strafgesetze überhaupt in einem Kriegsgebiet gelten. Wie es die damalige US-Übergangsregierung unter Paul Bremer 2003 festgelegt hatte, unterstehen US-Bürger nicht dem irakischen Recht. Eine Regelung, die die irakische Regierung bislang nicht in Frage gestellt hatte.
Den meisten der beteiligten Blackwater-Mitarbeitern wurde dem Bericht zufolge begrenzte Immunität zugesichert. Danach genießen sie für wahrheitsgemäße Aussagen Schutz vor Strafverfolgung. Bislang ist aber unklar, welche präzise juristische Bedeutung die Immunität tatsächlich hat. Die Ermittlungsabteilung des Außenministeriums kam zu dem Schluss, dass es gegenwärtig keine Grundlage gebe, auf der die privaten Sicherheitsleute zur Verantwortung gezogen werden könnten. Die Ermittler hatten daraufhin den US-Kongress aufgefordert, sich des Problems anzunehmen. Ihr Chef, Richard J. Griffin, legte vorige Woche seinen Posten nieder.
In der Folge hatte das US-Repräsentantenhaus kürzlich einen Gesetzesvorschlag erarbeitet, nach dem Contractors auf der Basis des bereits vorhandenen "Military Extraterritorial Jurisdiction Act" zur Verantwortung gezogen werden können. Der US-Senat erwägt zurzeit eine ebensolche Vorlage.
US-Rechtsexperten halten es für unwahrscheinlich, dass der Blackwater-Fall als Strafgerichtsprozess vor einem US-Bundesgericht geführt werden kann. Dazu müssten zum einen die irakischen Augenzeugen in die USA eingeflogen werden. Außerdem gilt die Ermittlungsarbeit der irakischen Seite als nicht gerichtsrelevant. Voraussetzung ist zudem, dass Straftaten auf US-Territorium stattgefunden haben müssen, um sie vor ein US-Gericht bringen zu können. Die Schießerei fand jedoch außerhalb der Bagdader "Green Zone" statt.
Anfang Oktober hatte das Bundeskriminalamt FBI die Ermittlungen zu der Schießerei vom Außenministerium übernommen. Gegenwärtig befragt das FBI die Blackwater-Mitarbeiter erneut, allerdings ohne ihnen Immunität zu gewähren. Sowohl Justiz- als auch Außenministerium in Washington wollten den Bericht der New York Times zunächst nicht kommentieren. Blackwater beschäftigt im Irak etwa 1.000 bewaffnete Wachleute. Ihre Aufgabe ist es, US-Diplomaten und andere Ministeriums-Vertreter zu eskortieren und zu beschützen.
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