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■ Bizarre Entführung: Carnapper verlangt US-FreiflügeHoover bangt um Lieferwagen

London (taz) – Noch nie ist eine Werbekampagne so danebengegangen, wie Hoovers Freiflüge in die USA. Nachdem ein Kunde jetzt zur Selbsthilfe gegriffen hat und einen Lieferwagen des Elektrokonzerns beschlagnahmt hat, ist Hoover endgültig zum Gespött Großbritanniens geworden.

Das Debakel hatte im vergangenen Sommer begonnen, als das Unternehmen seinen britischen und irischen KundInnen zwei Freiflüge für jedes Hoover-Produkt ab hundert Pfund (ca. 250 Mark) versprach (siehe taz-Wahrheit vom 30.4.). Der Run, der daraufhin auf die Staubsauger einsetzte, verblüffte die hauseigenen Werbestrategen, die den KäuferInnen offenbar nicht das Einmaleins zugetraut hatten: Denn wenn man zwei Flüge nach New York oder Orlando im Wert von 500 Pfund für nur gut ein Fünftel bekommt, nimmt man dafür auch einen Zweitstaubsauger in Kauf. Während in den Fabriken rund um die Uhr gearbeitet werden mußte, rauften sich die Hoover-Bosse die Haare. Als der Schaden vor zwei Monaten die 20-Millionen-Pfund- Marke überschritt, platzte der US- Muttergesellschaft Maytag der Kragen: Die für das groteske Eigentor verantwortlichen Hoover- Manager wurden gefeuert, und ein eiligst aus den USA eingeflogener Krisenstab sollte die ca. 100.000 fehlenden Flugtickets beschaffen, um die Saugerkunden zu befriedigen. Das ist noch immer nicht gelungen. Am vergangenen Freitag griff der 42jährige David Dixon aus Workington in der Grafschaft Cumbria zur Selbsthilfe. Er hatte im November keinen Billigsauger, sondern eine 500 Pfund teure Waschmaschine erstanden – in der Hoffnung auf einen Familienurlaub in Disneyworld. Doch von den Flugtickets keine Spur – und nicht nur das: Jetzt gab auch noch die Waschmaschine ihren Geist auf. Bei jedem Waschgang tanzte das gute Stück durch die Küche. Da griff Dixon, ein Pferdekutschen-Konstrukteur, zu einer List. Er lockte den Hoover-Mechaniker zur Waschmaschinenreparatur ins Haus und blockierte dessen Lieferwagen mit einem LKW. Den entgeisterten Mechaniker schickte er mit einer Lösegeldforderung zurück zur Firma: Flugtickets gegen Lieferwagen. Hoover hat die Verhandlungen mit dem Carnapper bisher abgelehnt. Außerdem drohte der Konzern, daß der Job des Mechanikers schwer gefährdet sei, solange der Lieferwagen nicht freigelassen werde. Besitzt die Firma etwa nur dieses eine Fahrzeug? Auf die Ordnungshüter kann die Elektrofirma jedenfalls nicht hoffen. Die Polizei hat entschieden, daß sie der Zivilstreit nichts angeht. Was die Unternehmensführung jedoch weit mehr beunruhigt, ist die Tatsache, daß Dixon inzwischen über hundert Anrufe von anderen Saugeropfern erhalten hat, die ihm zu seiner Tat gratulierten. Viele bedauerten, nicht selbst auf die Idee gekommen zu sein. Unbestätigten Gerüchten zufolge hat Hoover an seine Mechaniker in dieser Woche Monatskarten ausgegeben.

Für Dixon hat sich die Autoentführung allemal gelohnt. Verschiedene Fernsehsender, darunter die American Broadcasting Corporation, wollen seine Geschichte gegen Bezahlung verfilmen. Eine Boulevardzeitung hat Dixon samt Familie einen Urlaub in den USA mit allen Schikanen versprochen, eine andere Zeitung will sämtliche Kosten übernehmen, sollte es zum Rechtsstreit kommen. Ob Hoover sich diese öffentliche Demütigung jedoch auch noch antun will, ist zu bezweifeln. Ralf Sotscheck

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