Bisher Unmögliches wird nun gedacht: Die Ramsch-Union

Um die Schuldenkrise einzudämmen, diskutieren die Euroländer nun den Rückkauf griechischer Staatsanleihen. Die EZB sagt, dies bedeute, Griechenland sei bankrott.

Griechenland, Spanien, Portugal, Italien – und, so wie hier, Dublin. Deutschland dagegen profitiert kräftig. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Angesichts der weiter schwelenden Schuldenkrise in Euroland fallen in Brüssel die letzten Denkverbote. EU-Währungskommissar Olli Rehn räumte jetzt nicht nur ein, dass die Krise "systemische Ausmaße" angenommen habe, also die gesamte Währungsunion bedrohe. Rehn deutete auch an, dass die Brüsseler Behörde und die Euroländer über unkonventionelle Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise nachdenken.

Neben einem Verbot von Ratings für EU-gestützte Krisenländer gehört dazu offenbar auch der Rückkauf von griechischen Staatsanleihen zu Niedrigpreisen. Nach einem Bericht der Financial Times Deutschland vom Mittwoch sind die Überlegungen schon weit gediehen. Die Rückkaufaktion solle sicherstellen, dass Griechenland unter seiner Schuldenlast nicht zusammenbricht, schreibt das Blatt.

Die Regierung in Athen soll offenbar Geld aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF erhalten, mit dem sie die Anleihen dann billig zurückkaufen könnte. In der Praxis käme dies einem Schuldenschnitt, also einem Verzicht auf Forderungen, gleich. Die Verschuldung solle so von derzeit über 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 120 Prozent - absolut um 70 Milliarden Euro - gesenkt werden.

Die Europäische Zentralbank (EZB) warnt

Laut FTD sind die Euroländer dazu sogar bereit, Griechenland für teilweise zahlungsunfähig zu erklären. Allerdings warnt die Europäische Zentralbank (EZB) seit Wochen vor einem solchen Schritt, denn aus Sicht der EZB-Experten könnte er eine Panik an den Märkten auslösen und die Krise somit völlig unbeherrschbar machen.

Bei ihrem letzten Treffen hatten sich die Euro-Finanzminister jedoch erstmals von der EZB distanziert. Auch dies war ein Tabubruch - denn bisher legte die Eurogruppe stets größten Wert darauf, dass die 17 Euroländer und die EZB auf einer gemeinsamen Linie sind. Nun bröckelt die Fassade der Einheit - doch Entscheidungen sind immer noch nicht in Sicht.

Die Zeit drängt, denn die unbewältigte Krise in Griechenland heizt die Spekulation gegen den Euro weiter an. Ursprünglich sollte bereits am Montag ein neues Hilfspaket für Griechenland stehen. Nun ist die Rede von einem Sondergipfel am Freitag. Der für die Einberufung der Gipfel zuständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy schloss ein solches Treffen laut seinem Sprecher erneut nicht aus, machte aber zunächst keine Ankündigung.

Deutschland steht auf der Bremse

Denn Deutschland steht auf der Bremse. "Es gibt keine konkreten Pläne für einen Sondergipfel", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach am Mittwoch in Berlin. "Jetzt geht es erst einmal darum, dass von den Finanzministern ein neues Hilfspaket für Griechenland verabredet wird."

Diese Sicht wird jedoch nicht von allen Euroländern geteilt. Frankreich hat sich bereits für einen Krisengipfel ausgesprochen. Griechenland und Spanien mahnen zur Eile und kritisieren, dass sich die Bundesregierung in Berlin zu viel Zeit mit einer Lösung lasse. Auch die EU-Kommission in Brüssel fordert rasche Entscheidungen, um eine Eskalation zu verhindern, denn derzeit kommen fast täglich Hiobsbotschaften. So stufte die Agentur Moodys am Dienstag auch Irland herab; irische Staatsanleihen haben nur noch Ramschniveau. Damit sind alle drei Euro-Krisenländer - Griechenland, Portugal und Irland - von den Finanzmärkten abgeschnitten.

Zunehmend schwierig wird die Finanzierung auch für Italien, das seit einigen Tagen unter spekulativen Attacken leidet. Um die Lage zu entspannen, will Finanzminister Giulio Tremonti bereits am Freitag ein Sparpaket von 40 Milliarden Euro verabschieden. Ebenfalls am Freitag werden die Ergebnisse der Stresstests für die europäischen Baken erwartet - sie könnten neue Unruhen auslösen.

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