: Bischof Tökes im Hungerstreik
■ Laszlo Tökes, Auslöser des Aufstandes gegen Ceausescu, wendet sich erneut gegen die Machthaber in Bukarest/ Ende des Monats sind Wahlen in Rumänien
Bukarest (dpa/taz) — Der zur ungarischen Minderheit in Rumänien gehörende Bischof Laszlo Tökes fordert die Regierenden in Bukarest, wie bereits 1989 vor dem Sturz des Diktators Nicolae Ceausescu, erneut heraus. Das Bukarester Regierungslager und Nationalisten verschiedener Prägung kritisierten Tökes scharf wegen eines vor zwei Tagen in Temesvar (Timisoara/Temeschburg) begonnen Hungerstreiks. Tökes, Bischof der Ungarischen Reformierten Kirche in Rumänien, wird von dieser Seite vorgeworfen, er wolle die am 27.September angesetzten Wahlen beeinflussen.
Der Bischof führte als Hauptgrund seiner Nahrungsverweigerung an, daß das Volk noch immer nicht die Wahrheit über die Bluttaten im Dezember 1989 und ihre Anstifter erfahren habe, auch nicht über staatlich gelenkte Gewaltaktionen wie die Zusammenstöße im März 1990 in Tirgu Mures (Neumarkt) und die Bergarbeitermärsche auf Bukarest. In einer Erklärung heißt es, „das neue Regime deckt die früheren Verbrechen, läßt die Mörder frei herumlaufen und nimmt nach und nach diejenigen wieder auf, die für die Sünden der Vergangenheit verantwortlich sind“.
Die Aktion von Tökes wird selbst von den oppositionellen Parteien wie der Nationalliberalen Partei abgelehnt.Tökes sieht dagegen zum jetzigen Zeitpunkt die letzte Chance, die Verantwortlichen für die ethnischen Konflikte in Rumänien anzuprangern. Der Präsidentschaftskandidat der rechten nationalen Einheitspartei, Gheorge Funar, hat für den Fall seines Wahlsieges am 27.September angekündigt, drastische Maßnahmen gegen die Rumänien-Ungarn zu ergreifen. Staatspräsident Ion Iliescu teilte in einem Offenen Brief seine Bereitschaft mit, alle Klagepunkte des Bischofs einzeln in einem Gespräch zu beraten. Im Büro von Tökes wurde dies als reine Wahlpropaganda bezeichnet. Ein Brief dieses Inhalt sei in Temesvar nicht eingegangen.
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