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Birma zu geheimem Terrorstaat verwandelt

■ ai beklagt erschreckendes Ausmaß von Folter und Tötung in Myanmar/ Birmas Militärjunta zerschlägt Opposition

Bonn/Bangkog (ai/afp/taz) — Das Militärregime Myanmars (Birmas) läßt sich nach Angaben von amnesty international (ai) in erschreckendem Maße Menschenrechtsverletzungen wie Willkürhaft, Folter und Mord zuschulden kommen, um jegliche Form von Opposition zu ersticken. In einem heute veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation heißt es, Myanmar habe sich heute in eine Staat des Schreckens und des Terrors verwandelt. Tausende wurden von Angehörigen der Polizeikräfte auf offener Straße oder in Hinterhöfen erschossen, viele Tausende inhaftiert, seit die von allen Bevölkerungsschichten getragene Demokratiebewegung Myanmars im September 1988 blutig niedergeschlagen wurde. Von Hunderten mutmaßlicher Oppositioneller fehlt jede Spur; sie verschwanden ohne Wiederkehr in den Gefängnissen des Landes, in denen nach Erkenntnissen von amnesty international systematisch gefoltert wird.

Jeder, der öffentlich oder im privaten Kreis Kritik am herrschenden Militär äußert, riskiert Haft, Folter und Tod. Festnahmen erfolgen täglich in Bussen, Straßencafés, Privathäusern oder Büros. Eine umfangreiche Verhaftungswelle begleitete auch die Wahlen im Mai 1990, bei denen die Opposition, trotz schärfster Restriktionen wie Versammlungsverbot, Umsiedlungsaktionen und Inhaftierung ihrer prominentesten Führer, deutlich gewann. Bislang weigert sich der seit September 1988 regierende „Rat zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung“ (SLORC) jedoch, die Macht zu übergeben. Personen, die wegen Verstoßes gegen die Kriegsrechtsbestimmungen oder wegen ihres Engagements in der Demokratiebewegung festgenommen wurden, müssen im Falle einer Anklage vor Militärgerichten erscheinen, die allen internationalen anerkannten Rechtsstandards Hohn sprechen. Angeklagte haben keine Möglichkeit sich adäquat zu verteidigen. Zahlreiche Personen sitzen indessen ganz ohne Anklage und Verfahren im Gefängnis. Aus allen 19 Haftzentren, die ai bekannt sind, liegen detaillierte Berichte über Folterungen vor. So werden Häftlinge beim Verhör gezwungen, über Glasscherben zu kriechen, werden zusammengeschlagen, mit Elektroschocks malträtiert oder bis kurz vor den Erstickungstod in Wasser getaucht.

Mit uneingeschränkter Gewalt geht die Armee auch gegen ethnische Minoritäten in den Grenzgebieten Myanmars vor, zu denen sich Tausende von Studenten vor der Verfolgung durch die Militärs geflüchtet haben. Dort kämpfen mehrere Volksgruppen — so etwa die Karen und die Mon — um mehr Unabhängigkeit. ai beklagt auch hier zahlreiche Übergriffe des Militärs auf Zivilisten, bei denen viele Menschen ums Leben kamen.

Trotz des unerbittlichen Vorgehens der Militärjunta weigert sich in der Hauptstadt Ranguns noch mindestens ein Kloster, Gottesdienste für das Militär abzuhalten. Im August waren zwei Mönche und zwei Studenten während einer Demonstration der Demokratiebewegung in Mandalay getötet worden. Seitdem haben sich buddhistische Mönche geweigert, Gottesdienste für Soldaten zu geben. Regierungssoldaten stürmten nach Ablauf eines Ultimatums zur Beendigung des Boykotts mehr als hundert Klöster in der Gegend von Mandalay und nahmen zahlreiche Mönche fest. Nach Angaben von Diplomaten gibt es jedoch noch Widerstand.

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