Biovielfalt reduziert Allergierisiko: Die Harten kommen aus dem Garten
Wachsen Menschen in einer artenarmen Umgebung auf, leiden sie vermehrt unter Allergien. Zu diesem Schluss kam nun ein von der EU koordiniertes Forschungsprojekt.
Wenn Kinder mit dem lieben Vieh auf dem Dorfe aufwachsen, sind sie weniger infektionsanfällig und neigen als Erwachsene weniger zu Allergien als ihre im vergleichsweise sterilen städtischen Umfeld erzogenen Altersgenossen. Dies ist inzwischen schon eine Binsenweisheit. Aber ein Forscherteam von der Universität Helsinki wollte es genauer wissen und kam zu einem viel weitergehenden Schluss.
Offenbar hängt unsere Neigung zu Allergien, zu Asthma und diversen Autoimmunkrankheiten direkt von der Biodiversität in unserer Umgebung ab. Mit abnehmender Artenvielfalt auf der Welt droht der Menschheit demnach eine Zunahme solcher Erkrankungen.
Die Studie wurde im Artikeldienst der EU-Kommission Science für Environment Policy veröffentlicht und durchgeführt im Rahmen des von der EU koordinierten Projektes MeDall (Mechanisms of the Development of Allergy). An ihm nehmen 23 Forschungsinstitutionen von Spanien bis nach Polen teil.
Die AutorInnen der neuesten Studie leisteten eine wahre Sisyphusarbeit. Zuerst wählten sie nach einem Zufallsprinzip 118 in Ostfinnland lebende Jugendliche aus. Dann führten sie verschiedene Allergietests mit den ProbandInnen durch. Zusätzlich wurden diesen Hautproben entnommen, um die Vielfalt der darauf lebenden Bakterienpopulationen zu registrieren.
Gammaproteobakterien
Im Blut der Jugendlichen, schließlich, analysierte man den Pegel entzündungshemmender Stoffe. Zuletzt bestimmten die WissenschaftlerInnen alle in Haus und Hof jedes Teenagers gedeihenden Pflanzen und die Art der Begrünung im Umkreis von drei Kilometern.
Dabei zeigte sich ein deutlich positiver Zusammenhang zwischen dem Leben in der Nähe von Wäldern und Feldern und der Freiheit von Allergien. Auf der Haut der Gesunden fand sich eine große gattungsmäßige Vielfalt der auch auf Pflanzen und in der Erde vorkommenden Gammaproteobakterien.
Ihnen spricht man eine schützende Funktion für das Immunsystem zu. Vor übersteigerten Entzündungsreaktionen wird es durch einen Botenstoff namens Interleukin-10 bewahrt, und dieser fand sich auch im Blut der derart besiedelten Personen in hoher Konzentration.
25 Prozent mehr seltene Pflanzen
Auf den Grundstücken der von Autoimmunreaktionen freien Jugendlichen gediehen 25 Prozent mehr seltene einheimische Pflanzen. Den derart gekräftigten Teenagern konnten auch Allergieauslöser wie Zigarettenrauch und Tierhaare in ihren Haushalten nichts anhaben.
Dagegen lag die Empfänglichkeit für Allergien bei den Bewohnern von Regionen ohne oder mit eintöniger Vegetation wesentlich höher, unter anderem auch bei den Anwohnern großer Wasserflächen. Die AutorInnen empfehlen, die Kette von der Artenvielfalt in der Natur über die Artenvielfalt der Bakterien auf unserer Haut hin zur Resistenz gegen Allergien zu stärken, zum Beispiel durch eine möglichst vielfältige Begrünung der Innenstädte.
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