: Bin nicht der Revierförster
Betr. „Krach um die Revierhoheit“, taz bremen, 2.7. 2002
Der Beitrag hat mich doch ziemlich irritiert. Er enthält nicht mehr überprüfte Aussagen meines Kollegen Elsners und eine ziemlich aus der Luft gegriffene Spekulation über meine Motive (Sicherung der Revierhoheit). Am Ende wird der Eindruck erweckt, dass ich der Revierförster bin, der neue Hirsche zu erledigen trachtet.
Wolfram Elsner hat drei Diplomarbeiten, die unter seiner Betreuung geschrieben worden sind, in eine Publikation zusammengepackt. In der Tat, eine Diplomarbeit habe ich wegen der umfangreichen Berechnungen zur Schaffung einer Großkommune Bremen auch für den Studienpreis vorgeschlagen. Dazu stehe ich.
Das heißt jedoch noch lange nicht, dass ich die wissenschaftlich untersuchte Strategie für zielführend halte.
Bei einer weiteren in diese Publikation aufgenommenen Diplomarbeit habe ich meinem Kollegen Elsner dringend empfohlen, diese nicht zu publizieren. Nach der mündlichen Prüfung habe ich mitgeteilt, dass der Verfasser kaum über Kenntnisse zur finanzwissenschaftlichen Stadtstaatenproblematik verfügt. Ich habe sogar bezweifelt, ob er die im Anhang befindlichen Rechnungen zur Lohnsteuerzerlegung nach dem Arbeitsstättenprinzip auch eigenständig durchgeführt hat. Der Verfasser konnte mir die Rechnungen in der mündlichen Prüfung nicht erklären. Jetzt finde ich es äußerst problematisch, dass diese Diplomarbeit überhaupt eine wichtige Säule in der Argumentation darstellt.
Wolfram zwingt mich zu einem Hinweis, den ich ungern gebe: Er wird in dem Artikel mit der Aussage zitiert, „ich müsse doch zu allem etwas sagen“. Als Finanzwissenschaftler arbeite ich über die Stadtstaatenfrage seit dem ersten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Außer der Einführung zu den drei zusammengepackten Diplomarbeiten ist mir keine systematische Untersuchung zu den fiskalischen Bedingungen des Stadtstaates meines Kollegen bekannt. Wer behauptet die Großkommune Bremen Eingemeindung würde die Einwohnerwertung durch behalten, hat keinen Zugang zu deren wissenschaftlicher Ableitung. Ich empfehle den Klassiker-Aufsatz von Günter Dannemann von 1987 sowie das Hummel/Leibfriz-Gutachten (Ifo) von 1987.
Rudolf Hickel, Direktor Institut Arbeit und Wirtschaft
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