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Billigentgiftung mit ganz viel Phantasie

■ Giftmüllhalde Müggenburger Straße: Das Sanierungskonzept wurde gekippt

Die Giftmülldeponie Müggenburger Straße, laut Umweltsenator Fritz Vahrenholt eine der „fünf prominenten Altlasten der Stadt“, wird nicht wie geplant saniert. Noch Mitte des vergangenen Jahres hatte der Senat beschlossen, das Deponiegelände schnellstmöglichst mit stählernen Spundwänden rundum abzudichten, um eine von der Umweltbehörde prophezeite „massive Grundwassergefährdung“ zu verhindern. Erst nach der Sicherung des Geländes sollten die giftigen Sickerwässer aus der Deponie abgepumpt und in Georgswerder gereinigt werden. Doch nun soll alles anders kommen.

Zunächst, so plant die Umweltbehörde, soll das geologische Landesamt per Modellversuch errechnen, ob nicht allein das Abpumpen der Sickerwässer und die geplante Abdeckung der Deponie eine Grundwasserverseuchung verhindern können. Voraussichtlich 1996 soll dann mit der der Beseitigung der Sickerwässer begonnen werden.

Erst danach will die Behörde dann entscheiden, ob die Spundwandeinrahmung der Deponie, in der giftiges Arsen und Dioxine aus der Boehringer-Giftküche schlummern, noch vonnöten ist.

Was Umweltsenator Fritz Vahrenholt gern als „sinnvolle Änderung des Sanierungskonzeptes“ verkaufen will, ist in Wirklichkeit die Kapitulation vor dem leeren Staatssäckel. „Die angespannte Haushaltslage zwingt uns zur Streckung der Sanierungsmaßnahmen“, heißt es in einem internen Schreiben der Umweltbehörde an das Bezirksamt Hamburg-Mitte.

Denn die ursprünglich geplante Sanierung hätte nach letzten Schätzungen der Umweltbehörde rund 56 Millionen Mark gekostet, die zum Großteil aus dem Staatssäckel hätten bezahlt werden müssen.

Die Spundwände, die nun möglicherweise eingespart werden können, schlugen dabei mit einem zweistelligen Millionenbetrag zu Buche. Umweltbehörden-Sprecher Kai Fabig räumt dabei ein: „Eine Sanierung vom Feinsten können wir uns nicht mehr leisten. Mit dem neuen Konzept können wir uns nicht schmücken, aber wir halten es für vertretbar“. Behördensprecher Fabig weiter: „Die angespannte Haushaltslage bemüht die Phantasie.“ Marco Carini

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