Billig-Laptops: Microsoft contra Linux

500 Euro und weniger kosten die neuen Günstig-Rechner, auf denen vor allem freie Open-Source-Software läuft. Microsoft will diesen Markt erobern und holt dafür sein XP aus der Versenkung.

Microsoft will verhindern, dass das Linux-Betriebssystem Marktanteile gewinnt. Bild: dpa

Ende Juni ist es endgültig soweit: Trotz massiver Nutzerproteste im Internet stellt Microsoft den Verkauf der alten Windows-Version XP ein. Es gibt jedoch eine Rechnerklasse, die weiterhin das bewährte Betriebssystem nutzen darf: Billig-Laptops für unter 500 Euro, so genannte "Ultra Low Cost PCs", kurz ULPCs. Die Motivation hinter diesem Gnadenbrot für Windows XP ist Marktbeobachtern zufolge simpel: Viele der ULPCs, die inzwischen auch von großen Herstellern wie Asus und Intel gebaut werden, laufen mit dem kostenlosen Open-Source-Betriebssystem Linux - auch aus Kostengründen. Microsoft will sich hier nun nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Und da die neueste Windows-Version, Vista, sich für die einfach ausgestatteten Günstig-Rechner nur beschränkt oder gar nicht eignet, wird eben das bekannte XP reaktiviert.

Um die Betriebssystem-Auswahl zu seinen Gunsten zu beeinflussen, bietet Microsoft die ULPC-Version von XP für besonders kleines Geld an. PC-Hersteller sollen, falls sie ihr Gerät in sich noch entwickelten Märkten wie China oder Indien verkaufen, nur 26 Dollar pro Kopie zahlen, berichtet der IT-Nachrichtendienst "IDG News" unter Berufung auf interne Microsoft-Dokumente. In Industrienationen werden demnach 32 Dollar pro Lizenz fällig, wobei der Softwareriese manchem Hersteller zusätzlich 10 Dollar Rabatt in Form von so genannten "Marktentwicklungsverträgen" geben will. Microsoft hofft, dank dieser verhältnismäßig geringen Kosten mit Linux konkurrieren zu können - auch, weil das an sich kostenlose Open-Source-Betriebssystem Anpassungskosten mit sich bringen kann und Nutzer Windows aufgrund der Softwareauswahl bevorzugen könnten.

Das Angebot hat allerdings auch einen deutlichen Haken. Wie "IDG News" weiter berichtet, will Microsoft XP nur dann lizenzieren, wenn sich die ULPC-Hersteller streng an Hardware-Beschränkungen halten und die Maschinen nur in abgespeckter Version zu verkaufen. So darf ein solcher Rechner nicht mehr als ein Gigabyte Hauptspeicher und maximal einen Single-Core-1 GHz-Prozessor besitzen. Der Plattenplatz darf wiederum 80 Gigabyte nicht überschreiten, die Bildschirmgröße muss unter 10,2 Zoll liegen. Berührungsempfindliche Displays ("Tablet-PC") sind darüber hinaus verboten. Der Sinn dieser Limits ist einfach zu erklären: Microsoft will offensichtlich verhindern, dass ULPCs den leistungsstärkeren Vista-Maschinen mit vollwertiger (und teurer) Lizenz Marktanteile abjagen. Damit würde der Softwarekonzern gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Linux würde auf den ULPCs zurückgedrängt, gleichzeitig aber auch in Zukunft sichergestellt, dass die mittelprächtigen Vista-Verkäufe nicht weiter leiden.

Das Risiko, dass der ULPC-Trend Vista-Maschinen Marktanteile abnimmt, ist tatsächlich real: Analysten sagen den Billigmaschinen, die es seit dem vergangenen Jahr bereits ab 200 Euro aufwärts gibt, in den nächsten Jahren zweistellige Wachstumsraten voraus - und zwar auch dann, wenn auf ihnen "nur" Linux läuft. Der Grund: Die Aufgaben, für die die Nutzer sie gebrauchen wollen, erledigen die Maschinen auch in abgespeckter Konfiguration samt Open-Source-Betriebssystem tadellos - das Surfen im Web, das Editieren einfacher Textdokumente, die Nutzung von Internet-Diensten wie E-Mail oder Social Networks. Für High-End-Anwendungen wie die neuesten 3D-Spiele oder Videoschnitt kauft hingegen niemand einen ULPC, der häufig auch als klassischer Zweitrechner für unterwegs dient.

Zum schnellen Zugriff auf das Netz ist er dank WLAN gut geeignet und bietet aufgrund des größeren Bildschirms und der vollwertigen Tastatur viele Vorteile gegenüber Smartphones für die mobile Online-Nutzung. Die Nutzer haben zudem inzwischen kaum Probleme mit gut bedienbaren Linux-Oberflächen wie Ubuntu mehr - populäre Anwendungen wie der Browser Firefox oder das Büropaket Open Office kennen sie bereits unter Windows. Microsoft wollte sich auf Nachfrage von "IDG News" zu den internen Dokumenten nicht äußern - man spreche nicht öffentlich über die Verträge mit den PC-Herstellern.

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