Bildungsstreik 2010: Proteste und Perspektiven
Auch 2009 gab es zahlreiche Aktionen an den Unis gegen die Studienbedingungen. Welche Perspektiven ergeben sich somit für 2010?
Berlin taz | Die TeilnehmerInnen der Podiumsdiskussion sind sich einig: Von Teilerfolgen ist die Rede und von punktuellen Zugeständnissen. Hier wurde der Bachelor um ein Semester verlängert, dort wurde die Anwesenheitspflicht gelockert. Das klingt erstmal positiv, kann aber mitnichten alles gewesen sein. Die Aussichten für 2010 sind jedoch düster.
Über die Ursachen der Probleme innerhalb der Bildungsprotestbewegung gehen die Ansichten der Diskutierenden auseinander. Die Suche nach Ursachen fördert unterschiedliche Standpunkte zutage. Die Forderungen der Studenten seien nicht deutlich gewesen, sagt Stephan Lessenich, Professor für Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Es gab gar keine einheitlichen Forderungen, bemerkt Anne Grabs, Studentin der Uni Leipzig, denn beim Bildungsstreik hätten zu keinem Zeitpunkt alle hinter einer Sache gestanden. "Man kann ja auch niemandem seine bildungspolitischen Ziele aufzwingen", wirft Jörg Rostek, Student in Münster, ein. Daher dürfe man auch nicht zu radikal sein, sonst schließe man bestimmte Gruppen von vorneherein aus, ergänzt der Mitorganisator des Bildungsstreiks 2009.
Scheitert der Bildungsprotest 2010 an inhaltlichen Differenzen innerhalb des breiten Bündnisses? „Weniger Emotionen und einen klaren Kopf“ empfiehlt Rostek weiter. „Mehr Emotionen und mehr radikale Inhalte!“, fordert Lessenich.
Demokratie ist die Voraussetzung für den Erfolgs des Protests, und die Forderung nach mehr Demokratie an Hochschulen bleibt elementar. Dieses Bewusstsein scheint allerdings unter den Abi-2008-Erstsemestern kaum vorhanden zu sein. Hinzu kommt, dass die neuen Jahrgänge eher kein Problem mit der Bologna-Reform haben, was den Streik generell infrage stellt.
Ob und wie die Proteste in den 80 Städten des Bildungsstreikbündnisses diesen Sommer starten, wird sich zeigen. Sicher ist, dass es die Studentenschaft selbst sein muss, die für den Erfolg Sorge trägt. Ansonsten sieht es dunkel aus - in Deutschland.
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