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BildschneeMehl unterm Fön

■ taz-Mini-Serie: Lillehammer im Fernsehen (Teil 1)

Keine Frage: Es handelt sich um Kitsch, wenn ausgerechnet zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele überm Ort des Geschehens meteorologisch vorgesehene Schneeflocken fallen, denn die gehörten zu so einem Ereignis dazu „wie Puderzucker zum Dessert“. Eine Weisheit, die ARD-Reporter Gerd Rubenbauer vom Stapel ließ und damit ausgesprochen richtig lag. Olympia, die Ouvertüre: Was für eine Schnulze. Unicef-Botschafterin Liv Ullmann und Weltumschiffer Thor Heyerdal als Moderatorengespann, um sich geschart eine Kohorte von Kindern, nett drapiert unterhalb der beiden Sprungschanzen. Ins Bild gesetzt, als hockten sie im Wohnzimmer, das bedauerlicherweise keine Heizung hatte und somit etwas eingefrostet dalag. Ein Bild wie aus dem UNO-Katalog, Abteilung „Das Jahr der Familie“.

Pure Folklore, keine (sichtbare) Spur von High-Tech wie in Albertville. Alles im Trend: Erdfarben, nichts Grelles, klein, aber fein. Schräges Geigengefiedel im Rudel, nix Avantgarde & Postmoderne.

Rubenbauer ganz sonor, Gott sei Dank nur das Nötigste erläuternd, dann und wann seufzend wie ein Kind: „Olympische Spiele mit echtem Schnee, das ist wei- weiße Weihnacht.“ Trachten überall, sogar den Sprung mit der Fackel von der Schanze überstanden wir schadlos. Besser sind die technophilen Achtziger nie verabschiedet worden.

Abends schließlich das „Aktuelle Sportstudio“ des ZDF: Eissack Katarina Witt, gackernd, nichtssagend. Moderator Steinbrecher schleimend, nichtfragend, dumm wie ein Pfund Mehl unterm Fön. Und Willi Bogner, Chefeinkleider der underdressten deutschen Equipe, durfte Werbung für seine Textilien und Filmerzeugnisse machen, öffentlich-rechtlich, mutmaßlich ohne den Scheck in Millionenhöhe zu hinterlassen. Ekelhaft. Jan Federsen

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