■ Die Anderen: „Bild“, das „Handelsblatt“, die Münchner „Abendzeitung“ und der „Standard“ aus Wien über die Landtagswahl in Bayern
„Bild“ schreibt die Union unverzagt zum Bundestagswahlsieg: CSU = Kohl. Mit dieser Formel wollte die SPD die Bayern-Wahl zu einem Test für die Bundestagswahl in zwei Wochen machen. Diese Rechnung ist nicht aufgegangen! Stoiber hat die Unionsbastion in Bayern triumphal verteidigt. Wie angekündigt hat er die „Steilvorlage“ für Bonn geliefert. Der Kanzler wird gestern abend kräftig durchgeatmet haben. Jetzt liegt es an ihm und der CDU, die Vorlage aufzunehmen und – aller Umfragen zum Trotz – sie doch noch zum Siegtreffer über die SPD zu verwandeln.
Das „Handelsblatt“ sieht die Koalition nach wie vor als Verlierer der Bundestagswahlen: Auch wenn die Unions-Prominenz in Bonn das CSU-Ergebnis als Signal für einen Meinungsumschwung auf Bundesebene verkauft – als „Steilvorlage“ für die Union im Hinblick auf die Bundestagswahl in zwei Wochen kann das Abschneiden der Christsozialen nicht gewertet werden. Die CSU hätte schon ein deutlich besseres Ergebnis als 1994 erreichen müsssen, um einen Umschwung einleiten zu können. Die Koalition hat darauf gesetzt, daß sich die Arbeitsmarktsituation sichtbar entspannt und die Konjunktur deutlich anzieht. In der Tat zeigt sich bei der Arbeitslosenstatistik ein positiver Trend. Dies wird aber wohl kaum ausreichen, um einen Stimmungsumschwung auf Bundesebene einzuleiten. Da die Union auch aus dem CSU- Wahlergebnis kaum Honig saugen kann, würde es schon an ein Wunder grenzen, wenn Schröder nicht in das Kanzleramt einziehen würde. Helmut Kohls Kanzler-Tage scheinen gezählt.
Die Münchener „Abendzeitung“ kommentiert die Karriereaussichten Stoibers: Der wahre Wert des Resultats wird sich erst in 14 Tagen, nach der Bundestagswahl, zeigen. Dann entscheidet sich, ob Stoiber innerhalb der weiterregierenden Union primus inter pares der Länderfürsten und damit ein mächtiger föderaler Meinungsführer ist oder mehr. Denn wird Kohl abgewählt, avanciert Mehrheitsbringer Stoiber zu einem absoluten Spitzenmann der CDU/CSU. Wen hat sie sonst? Der verhinderte Halbzeitkandidat Schäuble wird alle Hände voll zu tun haben, die gebeutelte Fraktion und die Partei zusammenzuhalten. Volker Rühe scharrt mit den Füßen, doch ein richtiger Sympathieträger ist der forsche Hamburger nicht.
„Der Standard“ aus Wien hält den CSU-Sieg für Stoibers Erfolg: In Bayern bleibt alles beim alten, der Freistaat ist weiterhin fest in christlich-sozialer Hand. Mit einem europaweit einzigartigen Wahlergebnis hat die CSU unter der Führung von Ministerpräsident Edmund Stoiber bewiesen, daß die Bayern im eigenen Bundesland keine Experimente wollen und im Grunde zufrieden mit ihrer Regierung sind.
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