: Bikulturelle Beziehungen
■ betr.: "Ausländergesetz verletzt Kinderrechte", taz vom 12.9.91
betr.: „Ausländergesetz verletzt Kinderrechte“ (Deutsche Frauen setzen ausländische Partner durch Kindesentziehung unter Druck), taz vom 12.9.91
Ihren Artikel über die Beziehung von Ex-PartnerInnen aus bikulturellen Ehen war einseitig und unreflektiert. Aussagen der IAF Frankfurt und die unkritische Übernahme dieser von Ihrer Redakteurin, zeugen von einem positiven Rassismus, der weder ausländischen Männern gerecht wird, noch sie ernst nimmt. Weil die IAF Frankfurt überwiegend von ausländischen Männern frequentiert wird, die von ihren deutschen Frauen verlassen wurden oder die ihre Kinder nicht sehen dürfen, ist es Unsinn zu behaupten, „Deutsche Frauen setzen ausländische Partner durch Kindesentziehung unter Druck. Nebenbei fragt sich, wie es kommt, daß eine „Interessengemeinschaft mit Ausländern verheirateter Frauen“ (IAF) insbesondere bei Männern Anklang findet. Wie setzt sie ihre Schwerpunkte?
Die Aggressionen ausländischer Ehepartner nur unter dem Gesichtspunkt der Ausländergesetzgebung zu sehen, ist eine Verleugnung patriarchaler Struktur und wieder ein Nichternstnehmen (im Sinne eines rassistischen Verhaltens), dieser Männer.
Meiner Ansicht nach haben sich häufig beide PartnerInnen bikultureller Beziehungen nicht genügend mit der Kultur des jeweils anderen auseinandergesetzt.
Da Liebe bekanntermaßen blind macht, bereitet sich die Frau oft nicht genug auf die Ehe mit einem zum Beispiel moslemischen Ehemann vor. Der Mann profitiert im fremden Land am Anfang von der Selbständigkeit der Frau. Später kommt die Unterschiedlichkeit des Rollenverständnisses zum Tragen. Der Mann versucht Ablösungsversuche der Frau nicht selten mit physischer wie sexueller Gewalt zu beantworten — sein Versuch, seine Machtposition zu stabilisieren. Die Kinder sind dann verängstigt, möglicherweise selbst von der Gewalt betroffen. Es ist der IAF Frankfurt und der Redakteurin anzuraten, sich bei Familiengerichten und Jugendämtern sachkundig zu machen.
Richtig ist, daß bikulturelle Partnerschaften unter einem gesellschaftlichen Beweisdruck stehen. Hier insbesondere wieder die Frauen, die wenn sie über bestehende Probleme sprechen, hören: „Das hab' ich dir doch gleich gesagt, mit einem Ausländer...“ Um sich, die Kinder und den Mann vor Vorurteilen zu schützen, verbergen sie die Schwierigkeiten vor anderen bis es nicht mehr geht. Marina Orgwahl,(West-)Berlin
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