Bienenkunde mit Wilhelm Busch: Schnurrdiburr
Ein kleiner Band versammelt ein bisher verborgenes Talent Wilhelm Buschs: In „Umsäuselt von sumsenden Bienen“ schreibt er über die Imkerei.
Der Dresdner Dichter und Bienenfreund Marcel Beyer, dessen verstorbener Dichterkollege Thomas Kling ein Wespenfreund war, trug in Göttingen Passagen aus seinem Essay „Mein Bienenjahr lesen“ vor. Die anwesende Literaturwissenschaftlerin Christiane Freudenstein wies ihn anschließend darauf hin, dass auch der Dichter und Zeichner Wilhelm Busch ein großer Bienenfreund war – und sogar einige bienenkundliche Artikel verfasste. Das war Marcel Beyer neu, er fragte Christiane Freudenstein, ob sie diese nicht veröffentlichen könne …
Soeben erschienen sie im Göttinger Wallstein-Verlag. Im Vorwort der Literaturwissenschaftlerin erfährt man: Wilhelm Buschs Brüder Otto, Adolf und Hermann „unterhielten Bienenstände“ und Wilhelm Busch wurde im Alter von neun Jahren zwecks „Erziehung“ zu seinem bei Göttingen lebenden Onkel Pastor Georg Kleine gegeben: einer der „Koryphäen der deutschen Bienenzüchter“; Verfasser des Buches „Die Bienen und ihre Zucht“ und Herausgeber des Bienenwirthschaftlichen Centralblatts.
Er begeisterte Wilhelm Busch derart für die Imkerei, dass dieser, als die Eltern sein „Lotterleben“ als Künstler nicht mehr finanzieren wollten, den Gedanken fasste, als „Bienenzüchter nach Brasilien“ zu gehen. Aber „es sollte nicht sein; ich gerieth auf andere Bahnen“.
Im 19. Jahrhundert hatte der Honig eine große wirtschaftliche Bedeutung: Er war für die Armen das einzige Süßungsmittel. Bis zur Hochzüchtung der Zuckerrübe gab es bloß importierten Rohrzucker aus den Kolonien, den sich nur die Reichen leisten konnten. Heute ist es umgekehrt!
Wilhelm Busch
Damals gab es allein im Königreich Hannover 300.000 Bienenstöcke, schrieb Wilhelm Busch 1867 in seinem Artikel „Unser Interesse an den Bienen“. Zuvor hatte der Direktor der Spandauer Realschule, Christian Konrad Sprengel, entdeckt, dass die Befruchtung der Blütenpflanzen durch Insekten geschieht (nicht mechanisch, durch direkten Kontakt oder den Wind, wie bis dahin angenommen) – und deswegen gefordert: „Weil die Bienenzucht die Wohlfahrt aller Einwohner eines Landes befördert, muss der Staat ein stehendes Heer von Bienen haben.“
Einer der ersten Beiträge von Wilhelm Busch für den „Münchner Bilderbogen“ hat den Titel „Die kleinen Honigdiebe“. Sein letztes größeres Werk – „Schnurrdiburr“ – thematisierte einen Bienenschwarm, der nicht wieder eingefangen werden konnte. Die Schwarmbildung war auch in der Korrespondenz mit seinen Brüdern immer Thema. In seinem Artikel für die Imkerzeitung, „Kennen die Bienen ihren Herrn?“, versetzte er sich in ihre Lage und kam zu dem Schluss: Die Imker sind „die allergrößten Honigdiebe unter der Sonne“.
Wilhelm Busch: „Umsäuselt von sumsenden Bienen. Schriften zur Imkerei“. Hg. von Christiane Freudenstein. Wallstein, Göttingen 2016, 48 Seiten, 12,90 Euro
Im dritten Artikel „Das Netz einer Bienenzelle“ (1868) erklärte Wilhelm Busch die Mathematik der Bienenwaben (zum Nachbauen). Der Würzburger Bienenforscher Jürgen Tautz erkennt dagegen die „Intelligenz der Bienen“ heute eher im verwendeten Wachs, den er einen „intelligenten Werkstoff“ nennt: „Die Bienen bauen ihre Waben rund, wenn sie das Wachs auf 45 Grad erwärmen, werden sie sechseckig.“ Demnach bauen die Wespen ihre papiernen Waben als präzisere Rhombendodekaeder.
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