: Biedenkopf: „Fraktion fiel mir in den Rücken“
Hamburg (dpa) — Der Streit zwischen dem sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) und der Union über mögliche Steuererhöhungen wird heute voraussichtlich die Spitzengremien der CDU in Bonn bei deren Vorstandssitzung beschäftigen. Die Parteispitze reagiert damit auf eine seit Tagen andauernde innerparteiliche Auseinandersetzung, die am Wochenende erneut an Schärfe zunahm.
Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) sprach sich in Leipzig nochmals gegen Steuererhöhungen aus und verlangte von der CDU, endlich Klarheit in die eigenen Reihen zu bringen. Biedenkopf warf der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion unterdessen vor, ihm in den Rücken gefallen zu sein. Biedenkopf setzt sich dafür ein, die Mineralölsteuer anzuheben und mit den Mehreinnahmen den Ausbau des Straßennetzes in den neuen Bundesländern zu finanzieren. Der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Manfred Carstens (CDU), hielt dem sächsischen Regierungschef vor, daß Steuererhöhungen die Probleme in den neuen Bundesländern nur verschärfen würden. Die FDP erneuerte unterdessen ihre Forderung nach Steuersenkungen in den neuen Bundesländern. Außenminister Hans- Dietrich Genscher plädierte für eine um 25 Prozent niedrigere Lohn- und Einkommensteuer und eine um 20 Prozent niedrigere Körperschaftssteuer.
Nach Ansicht von SPD-Chef Hans-Jochen Vogel wird die Bundesregierung im Falle eines Wahlsieges die Steuern heraufsetzen. Er gehe davon aus, daß die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte auf 16 Prozent erhöht wird. Dies wäre aber „die sozial ungerechteste Lösung“. Die Menschen in den neuen Bundesländern mit ihren niedrigen Einkommen würden dadurch zusätzlich belastet. Vogel setzte sich für eine Sonderabgabe für Höherverdienende ein. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ingrid Matthäus-Maier, forderte von der Bundesregierung, im Interesse einer soliden Finanzierung der deutschen Einheit auf die geplante Steuersenkung für Unternehmen zu verzichten. Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) sprach sich gestern für ein Gesamtprogramm zur Deckung der finanziellen Belastung beim Aufbau der neuen Bundesländer aus. Eine kräftige Startfinanzierung vor allem für die Städte und Gemeinden in den neuen Ländern müsse dabei am Anfang stehen. In einem Gespräch mit dem 'Spiegel‘ regte Stolpe ein „Notopfer deutsche Einheit“ — nach dem Vorbild des früheren „Notopfers Berlin“ — an.
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