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Bibelworte für die KPD

■ Der Volldampfaktivist Hans Paasche wird wiederentdeckt / Lesung heute Abend

„Ist es nicht wunderbar, daß man plötzlich noch Menschen unter Männern entdeckt, und zwar in Kreisen, wo man sie am wenigsten vermutete?“, fragte Clara Zetkin sich und ihre Zeitgenossen. Ihre Verwunderung galt Hans Paasche, einer der umtriebigsten Aktivisten der Zehner Jahre, dessen Energie und Aktivitäten ihn heute wohl zu einer führenden Persönlichkeit in der Ökologie- und Friedensbewegung machen würden. Der Bremer Donat Verlag hat jetzt eine Biographie des Schriftstellers und Politaktivisten vorgelegt.

1920 wurde Paasche, gerade 39 Jahre alt, von der Reichswehr ermordet. Sein kurzes Leben lang war der Kapitänleutnant a.D. und Pazifist ein Hansdampf in allen Gassen, schrieb gegen Trunksucht, agitierte gegen „Federmode“ und Korsette, eiferte für patriotische Erziehung, warb mit Bibelworten für die KPD; als Autor erlangte Paasche einige Bekanntheit mit seiner amüsanten Zivilisationskritik „Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschlands“.

Dies alles und mehr berichtet Autor Werner Lange, und zwar im reifen Stile eines Humanisten alter Schule. Er macht dabei keinen Hehl aus seiner Hochachtung für Paasche. Der Autor verzichtet darauf, zu kommentieren und zu kritisieren; z.B. auch dann, wenn er schildert, wie Paasche als Vorstandsmitglied des Tierschutzbundes nach wie vor seiner Jagdleidenschaft nachgeht. Das schlägt auch in seiner Ausdrucksweise zu Buche – fast auf jeder zehnten Seite begegnet der Leserin das Wort „belangvoll“. Außerdem erachtet der Autor als entscheidend für Paasches Entwicklung dessen Aufenthalte in Afrika. Dementsprechend viel Raum gibt Lange ausführlichen Schilderungen afrikanischer Landschaften und Lebensweisen.

So liest sich die etwa 250 Seiten umfassende Biographie zum Teil wie ein Abenteuerroman, zum Teil wie ein Geschichtsbuch und zum Teil wie eine Liebeserklärung an Afrika. Löblich, daß auch der unentbehrliche Anteil Ellen Paasches am Leben, Denken und Handeln ihres Mannes aufgezeigt wird.

Alice Bachmann

Heute abend stellt Werner Lange seine ausladende Biografie vor, um 20 Uhr in der Zentralbibliothek (Schüsselkorb 15/16).

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