Bezirksfußball: Reinickendorf will zurück in die Profiliga
In Reinickendorf führt man Großes im Schilde: Füchse und VfB Hermsdorf wollen unter dem Dach eines "VfB Reinickendorf Berlin" kooperieren. Ein Insider plaudert den Plan vorzeitig aus.
Blühende Fußballlandschaften findet man in Reinickendorf kaum noch. Eher gleicht der Bezirk einer Brache, der seine beste Zeit am runden Leder hinter sich hat. Wacker 04 spielte in den 1970-er Jahren in der 2. Bundesliga Nord, bevor das Geld ausging. Erfolgreich war auch der SC Tegel, der 1962 Deutscher Amateurmeister wurde. Den SC Tegel gibt es nicht mehr, er ist im Nordberliner SC aufgegangen. Als letzter Vertreter aus der Nord-Phalanx machten die Reinickendorfer Füchse von sich reden, der letzte Amateurmeister West-Berlins, der sich vor 15 Jahren für die damals drittklassige Regionalliga qualifizierte. Auch das ist Geschichte, inzwischen jagen die Grün-Weißen vom Freiheitsweg in der fünftklassigen Oberliga Nordost dem Ball hinterher.
Der Freiheitsweg in Reinickendorf scheint jetzt der Schauplatz eines interessanten Spieles zu sein, das nicht vor Zuschauern, sondern hinter den Kulissen stattfindet. Fast könnte man den idyllisch gelegenen "Fuchsbau" als Epizentrum eines Reinickendorfer Bebens bezeichnen.
Im Juli verlautete aus gut informierten Kreisen, dass sich zwei Vereine aus dem Bezirk zusammentun wollten, damit Reinickendorf wieder verstärkt auf der Fußball-Landkarte auftaucht. Ein Insider bestätigte: Die Füchse und der VfB Hermsdorf (jener Club, der 2007/2008 sensationell den großen 1. FC Union aus Köpenick aus dem Landespokal warf) führten etwas im Schilde.
Jetzt ist ein Konzept in Umlauf gelangt, in dem sogar die Vision vom Profifußball beschworen wird. "Sportlich haben wir in Reinickendorf gemeinsam die Möglichkeiten, eine Lizenzmannschaft auf die Beine zu stellen und Reinickendorf hat eine Profimannschaft verdient", heißt es darin.
In dem Papier wird ein Modell beschrieben, wonach Füchse und Berlin-Ligist VfB Hermsdorf unter dem Dach eines "VfB Reinickendorf Berlin" kooperieren sollten. Von einer Fusion ist keine Rede, vielmehr sollten beide Clubs selbständig bleiben, aber sowohl bei den Sponsoren als auch beim Aufbau einer spielstarken Mannschaft Hand in Hand arbeiten. Kurzzeitig war sogar davon die Rede, ein dritter Verein, angeblich aus Frohnau, könnte sich dem Bund anschließen, um die "neue Kraft im Berliner Norden" (so das Ziel laut Positionspapier) zu stärken.
Die gehandelten Kandidaten winken ab. "Der Frohnauer SC dementiert, Gespräche geführt zu haben", verkündet der Klub. "Wir haben kein Interesse", erklärt Andreas Giesel, Vorsitzende des Lokalrivalen FCK.
Nur der VfB Hermsdorf gibt zu, mit den Füchsen in Sachen "VfB Reinickendorf Berlin" unter einer Decke zu stecken, nachdem die Sache nicht mehr unter derselben zu halten ist: "Es besteht in der Tat das Interesse einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Vereinen zu beiderseitigem Nutzen. Alle darüber hinaus gehenden Planungen sind zum jetzigen Zeitpunkt utopischer Natur", teilte der VfB mit.
Das klingt nicht mehr ganz so entschlossen und bahnbrechend, wie ein Füchse-Insider das Projekt ursprünglich beschrieben hat. Demnach sei man bereits auf der Suche nach einer Spielstätte für den "VfB Reinickendorf Berlin". Immerhin wolle man "in etwa vier Jahren" den Aufstieg in die 3. Liga anpeilen. Weil das sanierungsbedürftige Stadion am Wackerweg, einst Heimat von Wacker 04, für höhere Aufgaben schwerlich taugt, sei sogar der Neubau einer Arena ins Auge gefasst worden. Als möglichen Ort nannte der Informant den Poloplatz in Stolpe.
Beim potenziellen Füchse-Partner VfB Hermsdorf soll man dem Vernehmen nach genervt auf das "Informationsleck" beim Nachbarn reagiert haben - und Angst vor der eigenen Courage bekommen? Berliner Funktionäre gelten als zurückhaltend, wenn es darum geht, mit einem anderen Club gemeinsame Sache zu machen. Sie kennen das Beharrungsvermögen vieler Mitglieder, wenn es um Traditionspflege geht.
Inzwischen hat eine Gesprächsrunde der Führungsebenen von Hermsdorf und Reinickendorf stattgefunden. Ein bereits anberaumter Termin, um das Unternehmen "VfB Reinickendorf Berlin" öffentlich zu präsentieren, ist allerdings ausgefallen. Angeblicher Grund: Einige Herrschaften machen Urlaub.
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