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Betrug beim Leiden Christi

■ Skandal überschattet Oberammergauer Passionsspiele / 20.000 Eintrittskarten zuviel verkauft

Oberammergau (ap) - Von einem Millionenbetrug mit 20.000 zuviel verkauften Eintrittskarten überschattet, sind die 39. Oberammergauer Passionsspiele am Sonntag in dem oberbayerischen Dorf eröffnet worden. Einen Tag vor Beginn der Passionsspielzeit, zu der bei 95 Aufführungen eine halbe Million Menschen in Oberammergau erwartet werden, hatte der geknickte Bürgermeister Klemenz Fend öffentlich den Betrugsskandal eingestanden. Ein ortsansässiges Hotel sei in die Affäre verwickelt, die Gemeinde habe die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Das Hotel hat auf eigene Faust Verträge mit zwei britischen Reisebüros abgeschlossen und versprochen, 20.000 Passionspielkarten zu liefern, obwohl die Spiele längst ausverkauft waren. Die Reiseveranstalter hätten im Gegenzug bereits rund zwei Millionen Mark an den - nicht aus Oberammergau stammenden - Hotelier bezahlt. Der Alleinvertrieb liegt aber ausschließlich bei dem Oberammergauer Verkehrs- und Reisebüro. Nach Darstellung des Bürgermeisters hat die zuständige Staatsanwaltschaft bereits die Ermittlungen aufgenommen. Eine Forderung der britischen Veranstalter, an jedem spielfreien Donnerstag eine zusätzliche Vorstellung einzuschieben, um den 20.000 betroffenen Gästen doch noch das Passionsspiel zu bieten, sei vom Festspielkomitee abgelehnt worden. „Wir wollten uns nicht erpressen lassen“, fügte Fend hinzu. „Wenn wir dem nachgeben, wird bei den nächsten Spielen im Jahre 2000 verkauft auf Teufel komm‘ raus“, meinte der Bürgermeister.

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